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Freitag, 28. August 2015

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten tritt ein generelles Buchverbot für Bücher von vor 1985 in Kraft. Betroffen: Kinderbücher. Wer jetzt glaubt, dass das nur in den Vereinigten Staaten von Amerika passiert, der sollte den Artikel bis zu Ende lesen.



Vollkommen unbemerkt von der Öffentlichkeit tritt in den USA ein Bücherverbot in Kraft. Die Regierung hat den Verkauf, die Weitergabe oder auch nur das Verschenken von Kinderbüchern, die vor 1985 gedruckt wurden, generell verboten und Zuwiderhandlungen unter Strafe gestellt.
Das Gesetz ist Bestandteil einer Verordnung, die sich eigentlich auf gefährliche Inhaltsstoffe bei Kinderspielsachen bezieht. In einem Unterpunkt wurden allerdings auch Kinderbücher mit einbezogen.

Das US-Internetmagazin Cityjournal titelt "Der neue Buch Bann" - "Kinderbücher brennen dank Regierung". Das Magazin kommt zu de Schluss, dass es kaum zu glauben ist, aber die Gesetzgebung sei Realität.
It’s hard to believe, but true: under a law Congress passed last year aimed at regulating hazards in children’s products, the federal government has now advised that children’s books published before 1985 should not be considered safe and may in many cases be unlawful to sell or distribute. Merchants, thrift stores, and booksellers may be at risk if they sell older volumes, or even give them away, without first subjecting them to testing—at prohibitive expense. Many used-book sellers, consignment stores, Goodwill outlets, and the like have accordingly begun to refuse new donations of pre-1985 volumes, yank existing ones off their shelves, and in some cases discard them en masse.
Einzelne Besitzer, Buchläden, Antiquare oder Gebrauchtshops werden aufgrund dieses Gesetzes gezwungen, die Bücher zu vernichten, bzw. zu verbrennen. Jede Form der Weitergabe ist untersagt, wenn der "Weitergeber" sich vorher nicht einwandfrei davon überzeugt hat, dass die alten Bücher nicht geeignet sind, Kinder irgendwie  zu gefährden. Die Verordnung bezieht sich dabei allerdings auf die Inhaltstoffe der Bücher und mögliches Blei in der Druckerschwärze bzw. gesundheitsgefährdende Stoffe im Papier.

Dieser Begriff kann bekanntlich sehr weit ausgelegt werden. Infolgedessen wird es in den USA demnächst wohl zu einer großen Büchervernichtungsaktion kommen, um jeden Zweifel auszuschließen - obwohl bisher kein einziger Fall bekannt ist, bei dem ein Kind aufgrund der genannten Gefahren zu Schaden gekommen ist.
Dennoch - die Besitzer solcher Literatur können es sich kaum erlauben, irgendein Risiko einzugehen.
Nun könnte man ja meinen, es handele sich "nur" um Kinderbücher. Kritiker wenden hingegen ein, dass dieses Gesetz dennoch stark Ähnlichkeiten mit der Bücherverbrennungsaktion im Dritten Reich habe.

Der Schritt vom Verbot irgendwelcher harmloser Kinderbücher zur Konfiskation von anderer, möglicherweise unliebsame Literatur sei nur ein kleiner, so Kritiker. Zudem sei es, wenn es um Kinderbücher geht, immer noch in der Entscheidungsgewalt der Eltern, was die Kleinen zu lesen bekommen und was nicht.

Zudem ist auch vor 1985 bisher kein Fall bekannt, indem irgendwelche Kinderbücher tatsächlich für die Zielgruppe in irgendeiner Weise schädlich gewesen sein könnten. Insofern ist das Kinderbuchverbot völlig überflüssig.

Überflüssig aus Sicht der Regierung vielleicht nicht, merken Kritiker an, weil man anhand dieses Verbots leicht testen kann, inwiefern es wirklich fruchtet. Unterm Strich glauben viele Beobachter, dass das lächerliche Verbot nur ein Test, ein Vorläufer für zukünftige Verbote sei, die noch viel weiter gehen könnten. Denn 1985 war durchaus auch ein symbolisches Jahr.

1985 war so ungefähr die Wasserscheide, bis zu der noch halbwegs frei und politisch unkorrekt gedruckt werden konnte. So z.B. gab es damals auch noch umfangreiche Literatur zu dem heute eher politisch inkorrekten goldgedeckten Geldsystem. Das gab es zwar 1985 schon nicht mehr - aber bis dahin hatte sich die Erinnerung gut und frisch erhalten und was sich auch in entsprechender Literatur niederschlug.

Fazit: Erst gehen die alten Kinderbücher, dann geht der Rest der geistigen Freiheit und Bildung. Stalin und Hitler waren mit ihren Bücherverbrennungen und offenen Zensurlisten und Konfiskationen viel zu provokativ. Die subtilen Diktatoren von heute erreichen über bürokratische Verbannungen dasselbe auf wesentlich subtilere Art. Schöne neue Welt.  

Soweit die Nachricht aus dem Jahr 2009 aus den Vereinigten Staaten von Amerika und nun schwenken wir ins Jahr 2015, um ganz genau zu sein nach Deutschland.

Bücherverbrennung' in Deutschland 

In der Stadt Bad Dürrheim wurden 3200 Bücher der Stadtbibliothek vernichtet. Betroffen sind Bücher, die nicht in politisch-korrekter Sprache geschrieben sind, z.B. Bücher von Erich Kästner. Diese landeten bereits auf den Scheiterhaufen der Nazis 

Die Aktion richtete sich offensichtlich gegen Bücher mit „falscher“ Schreibweise. Das sind solche, die beispielsweise das Wort „Neger“ enthalten. Betroffen sind auch die Bücher von Erich Kästner, Autor so berühmter Kinderbücher wie „Das fliegende Klassenzimmer“, „Pünktchen und Anton“, „Das doppelte Lottchen“. Tichy schreibt dazu: "Offenkundig gelten seine Bücher in Baden-Württemberg als Provokation und Verstoß gegen den staatlich verordneten Zeitgeist der schulischen Umerziehung zum politisch korrekten Menschen." Besonder bizarr: Die Bücher von Kästner sind übrigens nicht zum ersten Mal betroffen. 


Gerüchte über Bücherverbrennung

Im Fall der ausgesonderten Kinder- und Jugendliteratur weist Frau Kälberer darauf hin, dass einige Bücher in alter Rechtschreibung verfasst seien, „wobei die richtige Schreibweise gerade für Kinder wichtig ist“. Außerdem sei das sogenannte Wording, also die Formulierung, in einigen Büchern nicht zeitgemäß. Christina Kälberer nennt etwa das Wort „Neger“, das noch „in Klassikern“ vorkomme. Sehr richtig, hoffentlich hat man die Schriften von Immanuel Kant dabei nicht übersehen! 

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/stadtbuecherei-bad-duerrheim-bad-wording-13770102.html

Nachtrag am 18.04.2019

Gender-Debatte: Katalanische Schule verbannt Rotkäppchen

Eine staatliche Schule in Katalonien hat hunderte Bücher aus ihrer Bibliothek verbannt. Nach Angaben der Internetplattform thelocal.es betrachtet die Taber Schule in Barcelona Klassiker der Kinderliteratur wie „Rotkäppchen“, „Aschenputtel“ oder „Dornröschen“ als „toxisch“. Bei Kindern unter sechs Jahren, so die Befürchtung, könnten solche Geschichten Geschlechterstereotypen verstärken.
Laut thelocal.es hatte ein Komitee, dem auch Eltern angehörten, alle Bücher in der Schulbibliothek untersucht. Ein Drittel – rund 200 Bücher – habe man wegen gravierender sexistischer Stereotypen aussortiert. Weitere 400 Werke habe man als problematisch eingestuft, aber in der Bibliothek belassen. Nur jedes zehnte Buch habe nach Ansicht der Prüfer eine positive Botschaft im Sinne der „Gender-Perspektive“ gehabt.

Quelle: https://www.achgut.com/artikel/gender_debatte_katalanische_schule_verbannt_rotkaeppchen

4 Kommentare:

  1. Mensch, der Erich Kästner. Hat's ihn wieder erwischt... Rekapitulieren wir. Die Mietpreisbremse hieß früher "Preisstopverordnung" und trat am 20. April (sic!) 1936 in Kraft, der Veggie-Day war der "Eintopfsonntag" und die Energiewende war unter dem ein wenig martialischen Namen "Windkraft für Wehrbauern" ebenfalls als Exportschlager in andere Länder vorgesehen - die nach dem Export freilich keine anderen Länder mehr sein sollten. Und Bücher? Ja, Bücher wurden in den 1930er Jahren doch auch aus den Bibliotheken geholt. Es gibt also ein weiteres Begriffspaar zur Überschrift "Wer hat's erfunden? - Die Braunen". Das neuzeitliche Wort davon muss man sich halt noch überlegen.

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  2. Da schickt die Regierung ihre Büttel aus - pardon, das Regierungspräsidium begibt sich fast 100km weit in die Provinz, um die Menschen dort vor verstaubten und sonstwie gefährlichen Büchern zu schützen. Auf daß die höhere Weisheit und Erleuchtung der Regierung auch diesen zugute kommen und sie vor schädlichen Einflüssen schützen möge. Selbst dann, wenn die Aktion nicht bereits durch Umfang, "Erklärung" und Zeitpunkt der Durchführung ein "Gschmäckle" hätte, fragte man sich doch als einfacher Leser, ob das der Normalfall sei: daß das Regierungspräsidium meint, besser als die Leiterin vor Ort zu wissen, was dort anzubieten sei. Ein Kant oder auch ein Goethe wird sicher weniger oft ausgeliehen als ein Stephen King oder eine Utta Danella - muß er deshalb entfernt werden? Gibt es dieses Phänomen eigentlich auch in Bundesländern, die nicht rot-grün regiert werden? Achtung: teilweise in alter Rechtschreibung geschrieben, nicht für Kinder geeignet!

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  3. „Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner!“ Mit diesem Ausruf wurden Erich Kästners Gedichte und Kinderbücher am 10. Mai 1933 auf den Scheiterhaufen geworfen - Geschichte scheint sich zu wiederholen.

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  4. Gott sei Dank gibt es ja ebooks. Vor allem die Klassiker (kant, etc.) bekommt man so kostenlos ohne Druckerschwärze. Es ist halt ein Unterschied ob ein Buch generell Verboten wird bzw. ist oder in wie in dem Fall Kinder/gesundheit zu "schützen".

    Kenn auch kein Kind was Mann oder Kant ließt. Auch Neuauflagen und Nachdrucke scheinen nicht betroffen zu sein.
    Ich persönlich kann in diesem speziellen Fall keine Emotionen aufbringen bzw. ist die Regelung ok.

    Wie sinnvoll das ist ist dann aber wider eine andere Frage.

    Könnte fast schon ein Konjunktur-Programm für Druckereien sein... . :D

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