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Mittwoch, 6. November 2024

Staatlich lizenzierte Hetze: Warum man Millionen Menschen ungestraft als "Parasiten" bezeichnen darf

 


Ein Facebook-Post wird als Volksverhetzung bestraft. Die systematische Entmenschlichung von Arbeitslosen ist dagegen Regierungsprogramm.

Es war das Jahr 1938, als der Reichsführer SS Heinrich Himmler einen folgenschweren Erlass herausgab. Er definierte "Arbeitsscheue" als Menschen, die "in zwei Fällen die ihnen angebotenen Arbeitsplätze ohne berechtigten Grund abgelehnt oder die Arbeit zwar aufgenommen, aber nach kurzer Zeit ohne stichhaltigen Grund wieder aufgegeben haben."

85 Jahre später, 2024, nennt man sie nicht mehr "arbeitsscheu". Man nennt sie "Parasiten", "faule Grippel", Bezieher von "anstrengungslosem Wohlstand". Die Sprache hat sich geändert. Die Verachtung ist geblieben.

Die Elite spricht

Hören wir doch einmal, was unsere "Eliten" so von sich geben:

  • "Hartz-IV-Empfänger, wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen." (SPD-Arbeitsminister)
  • "Für Hartz-IV-Empfänger gibt es kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit." (FDP-Chef)
  • "Hartz-IV-Empfänger sollen Ratten jagen." (FDP-Fraktionsvize)
  • "Hartz-IV-Empfänger leben in spätrömischer Dekadenz." (FDP-Chef)
  • "Für Hartz-IV-Empfänger braucht es Elektronische Fußfesseln für einen geregelten Tagesablauf." (Justizminister)

Das perfide Experiment

Und nun kommt das Interessante: Nehmen Sie diese Aussagen. Kopieren Sie sie. Ersetzen Sie "Hartz-IV-Empfänger" durch "Asylanten". Was passiert?

  • Sofortige Account-Sperre
  • Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen
  • Vorwurf der Volksverhetzung
  • 60 Tagessätze Strafe
  • "Muss im Keim erstickt werden" (Originalton Landgericht)

Exakt dieselben Worte. Derselbe Hass. Dieselbe Menschenverachtung. Nur die Zielgruppe anders.

Die bittere Realität: Sprache als Waffe

Die Entmenschlichung hat System. Sie kommt in gewählten Worten daher:

  • "Minderleisterer"
  • "Sozialschmarotzer"
  • "Parasiten"
  • "Unterbeschäftigte"
  • "Bildungsferne"

Millionenschwere Think-Tanks wie die Bertelsmann-Stiftung liefern die "wissenschaftliche" Untermauerung. Gescriptete Reality-Shows servieren dem Wohlstandsbauch täglich den "faulen Unterschichtler". Politiker und Wirtschaftsbosse warnen vor der "Gefährdung unseres Wohlstands durch Sozialtransfers".

Es ist die perfekte Maschinerie der Verachtung.

Die Macht der Sprache

"Die Anspruchshaltung nach fiskalisch generierter Alimentierung kotzt mich an" - so klingt es, wenn man Menschenverachtung akademisch verpackt.

Der moderne "Neusprech" hat System. Im Militär werden aus Streubomben "intelligente Wirksysteme". In der Sozialpolitik wird aus Armut eine "Verwerfung". Selbst "Intellektuelle" wie Sloterdijk verpacken ihren Armutsrassismus in geschliffene Worte, wenn sie vorschlagen, staatliche Sozialleistungen durch "Geschenke der Wohlhabenden" zu ersetzen. 

Die perfide Raffinesse dieser Sprache zeigt sich besonders deutlich in den Werken der neoliberalen Vordenker. So formuliert Friedrich August von Hayek in seinem Werk "Freiburger Studien" (1969, S. 121) mit beeindruckender sprachlicher Verschleierung: "Es gibt natürlich keinen Grund, warum eine Gesellschaft, die so reich ist, wie die moderne, nicht außerhalb des Marktes für diejenigen, die am Markt unter einen gewissen Stand fallen, ein Minimum an Sicherheit vorsehen sollte."

Ein Meisterwerk der verschleiernden Rhetorik: Der verschachtelte Satzbau, die doppelte Verneinung, der scheinbar wohlwollende Ton - all das verbirgt geschickt die eigentliche Aussage: Die Reichen haben keinerlei Verpflichtung, sich um die "Marktverlierer" zu kümmern. Es ist die akademische Version von "Sollen sie doch verhungern" - nur eben in einer Sprache, die man in den besten Kreisen zitieren kann.

Betrachten wir in diesem Zusammenhang den weltweit geschätzten Philosophen Peter Sloterdijk, einen Meister der intellektuellen Verschleierung. Mit bestechender Raffinesse verpackt er seinen Armutsrassismus in ein scheinbar nobles Gewand: »Diese „thymotische" Umwälzung hätte zu zeigen, dass in dem ewigen Widerstreit zwischen Gier und Stolz zuweilen auch der Letztere die Oberhand gewinnen kann.« Was hier so erhaben klingt, ist nichts anderes als der Vorschlag, Sozialleistungen durch milde Gaben der Reichen zu ersetzen. Die Verachtung wird hier nicht mehr direkt ausgesprochen, sondern in philosophische Höhen sublimiert - eine intellektuelle Meisterleistung der Verschleierung, die den Kern der Botschaft nur noch für Eingeweihte erkennbar macht. 

In diese Reihe der intellektuellen Verharmlosung reiht sich auch Roland Baader ein, ein deutscher Volkswirt und Publizist, der in seinen Schriften wie 'Die belogene Generation' die systematische Demontage des Sozialstaats als vermeintliche ökonomische Notwendigkeit tarnte. Seine Position, Sozialtransfers seien eine Form der 'Enteignung' und sollten durch private Wohltätigkeit ersetzt werden, ist nichts anderes als die akademische Verpackung einer zutiefst sozialdarwinistischen Weltanschauung. Wie Sloterdijk verschleiert auch Baader die menschenverachtende Kernbotschaft hinter einem Schleier vermeintlich ökonomischer Rationalität.

Wer die tieferen Zusammenhänge dieser systematischen Entmenschlichung und die wahren Profiteure dieses Systems verstehen möchte, dem seien folgende weiterführende Analysen empfohlen:

Die Rolle der Finanzeliten und deren kriminelle Machenschaften in "Die kriminelle Geschichte des Rockefeller-Imperiums": Eine detaillierte Aufdeckung: https://grilleau.blogspot.com/2024/11/die-kriminelle-geschichte-des.html

Die organisierte Enteignung: Wie Steuer- und Geldsystem die Vermögensübertragung perfektionieren:  https://grilleau.blogspot.com/2024/11/die-organisierte-enteignung-wie-steuer.html

Pharma, Privatisierung & Co: 121 Milliarden Euro Verschwendung jährlich - aber der Bürgergeldempfänger soll schuld sein?: https://grilleau.blogspot.com/2024/10/pharma-privatisierung-co-121-milliarden.html

Die unsichtbaren Machthaber: Wie Eliten und Konzerne die Demokratie untergraben https://grilleau.blogspot.com/2024/10/die-unsichtbaren-machthaber-wie-eliten.html

Die große Enteignung: Wie das globale Finanzsystem uns alle bedroht: https://grilleau.blogspot.com/2024/10/die-groe-enteignung-wie-das-globale.html

Die Schuldenbremse: Deutschlands selbst auferlegter Würgegriff: https://grilleau.blogspot.com/2024/09/die-schuldenbremse-deutschlands-selbst.html

Diese Analysen zeigen: Die systematische Hetze gegen Sozialleistungsempfänger ist nur die Spitze eines Eisbergs von organisierter Umverteilung von unten nach oben.

Der moderne "Neusprech" hat System. Im Militär werden aus Streubomben "intelligente Wirksysteme". In der Sozialpolitik wird aus Armut eine "Verwerfung"

Die Sprache der Macht kennt viele Gesichter:

Beim Militär:

  • "Kollateralschäden" statt getötete Zivilisten
  • "Robustes Mandat" statt Tötungserlaubnis
  • "Vorwärtsverteidigung" statt Angriff
  • "Umstrittene Verhörmethoden" statt Folter

In der Sozialpolitik:

  • "Minderleisterer" statt Mensch ohne Job
  • "Sozialschmarotzer" statt Hilfsbedürftiger
  • "Bildungsferne" statt Chancenlose
  • "Unterbeschäftigte" statt Arbeitsuchende

Bei Familien und Kindern:

  • "Herdprämie" statt Erziehungsgeld
  • "Fernhalteprämie" statt Familienunterstützung
  • "Antibildungsprämie" statt Wahlfreiheit
  • "Fortpflanzungsprämie" statt Mutterschutz

Würde man Familien eine bedingungslose Grundsicherung gewähren - es wäre ein Weg in die Selbstbestimmung. Aber nein, wie ein FDP-Politiker so "treffend" bemerkte: "Die Empfängerinnen würden das Geld eher in den nächsten Schnapsladen tragen, als es in Vorsorge und selbstbestimmte Familienplanung zu investieren."

Es ist die alte Technik: Erst entmenschliche die Menschen durch Sprache, dann kannst du ihnen alles antun.

Um dieses System aufrechtzuerhalten, braucht es eine emotionale Taubheit gegenüber menschlichem Leid. Der Neoliberalismus ist auf diese massenhafte Gleichgültigkeit angewiesen. Seine Theorie funktioniert nur, wenn Menschen das Elend ihrer Nachbarn ignorieren lernen.

Schauen Sie nach Berlin, wo alte und neue Arme unter freiem Himmel schlafen. Zerrüttet an Geist und Körper. Mangelernährt. Ohne Pflege, ohne Wärme, ohne Respekt. Die brutale Gleichgültigkeit ihrer Umgebung verkürzt ihre Lebenserwartung drastisch.

Man nennt das heute "soziale Verwerfung". Nicht soziale Ungerechtigkeit. Nicht sozialer Skandal. Nicht soziale Hölle. Nein. "Verwerfung" - als wäre es eine Naturkatastrophe. Als hätte niemand Schuld.

Die Folgen der systematischen Hetze sind wissenschaftlich dokumentiert:

  • Massive Depressionen
  • Chronische Schlafstörungen
  • Schwere psychosomatische Erkrankungen
  • Suizidversuche

Die WHO definiert Gesundheit als "Zustand vollständigen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens". Davon sind Millionen Menschen in Deutschland meilenweit entfernt.

Die historische Parallele

In den 1960er Jahren kannte Deutschland praktisch keine Arbeitslosigkeit. Heute werden die Opfer einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik systematisch entmenschlicht. Die Agenda 2010 war nie dazu gedacht, Arbeitsplätze zu schaffen. Sie sollte Arbeitslose bekämpfen und eine Dienstbotengesellschaft etablieren.

Der juristische Hohn

Unser Grundgesetz garantiert in Artikel 1: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Nicht die Würde der Erfolgreichen. Nicht die Würde der gerade geschützten Gruppen. Die Würde DES MENSCHEN.

Die unbequeme Wahrheit

Eine Gesellschaft, die systematische Entmenschlichung toleriert - solange sie nur die "richtigen" Gruppen trifft - hat ihren moralischen Kompass verloren.

Eine Justiz, die identische Worte einmal als Volksverhetzung verurteilt und einmal als politische Debatte akzeptiert, hat ihre Legitimität verspielt.

Eine Elite, die von "spätrömischer Dekadenz" schwafelt, während sie selbst die Grundfesten unserer Verfassung zersetzt, hat jedes Recht verwirkt, über Moral zu sprechen.

Das ist kein Rechtsstaat mehr. Das ist organisierte Heuchelei.

[Dieser Beitrag basiert auf dokumentierten Aussagen deutscher Politiker, wissenschaftlichen Studien zu den Folgen systematischer Ausgrenzung und einem realen Social-Media-Experiment zur selektiven Anwendung von Rechtsnormen.]

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