Dummheit ist dagegen nicht das, was man nicht lernt. Unter Dummheit fällt vielmehr ziemlich viel von dem was man lernt, und zwar als Hauptschüler wie als Gymnasiast und als Student. Es fällt darunter die Ausstattung der Jugend mit einer Fülle falscher Urteile über Gott und die Welt. Das liegt nicht daran, dass sich Schulbuchverfasser und Lehrer einfach nur irren, wenn sie die Schüler mit ihren Lehren über Demokratie und Faschismus, über Geld und Markt, über Familie und Staat traktieren. Das tun sie auch. Aber das trifft nicht die Sache.
Dafür sind die Dummheiten viel zu resistent gegen Argumente und haben bereits zu viele Jahrzehnte in Schulbüchern überdauert. Die frühzeitige Aneignung einer gehörigen Portion Dummheit braucht es vielmehr für die geistige Ausstattung der Heranwachsenden. Gefordert ist sie für Leistungen, die mündige Bürger ständig zu erbringen haben: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft.
Und weil die Lebensplanung aller Bürger in der Konkurrenzgesellschaft nicht aufgehen kann, deswegen gehört zu den Dummheiten, die man lernen soll, auch die Ausstattung des Verstandes mit lauter falschen Urteilen über die Gründe, warum das mit Karriere und Selbstverwirklichung so häufig nicht klappt. Dummheit ist also -- zusammengefasst -- die Summe parteilichen Denkens, mit der der erzogene Mensch es fertig bringt, alle politischen und ökonomischen Beschränkungen seiner Interessen zu verarbeiten und dabei brav zu bleiben.
So geht Erziehung in der Gesellschaft, die sich rühmt, eine Wissensgesellschaft zu sein.
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Der Vortrag wurde am 14.6.2010 im Rahmen der Ringvorlesung von Unibrennt "Bildung MACHT Gesellschaft" an der Universität Salzburg gehalten.
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