Als ich kürzlich eine einfache Informationsanfrage an den Bezirk Unterfranken stellte, ahnte ich nicht, dass ich damit eine absurde bürokratische Reise beginnen würde, die mehr über den Zustand unserer Verwaltungskultur verrät als jede Statistik.
Der Ablehnungsbescheid: "Fehlendes berechtigtes Interesse"
Meine Anfrage wurde kurzerhand abgelehnt. Der Grund? Nach Artikel 39 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) fehle mir ein "berechtigtes Interesse". Eine Formulierung, die Behörden einen enormen Spielraum gibt, unliebsame Anfragen abzuschmettern.
Bayern: Die Informations-Insel
Nach einiger Recherche stellte ich fest: Bayern ist tatsächlich ein Sonderfall in Deutschland. Während fast alle anderen Bundesländer längst moderne Transparenzgesetze haben, die Bürgern ohne Begründung Zugang zu Informationen gewähren, beharrt Bayern auf der restriktiven Regelung des "berechtigten Interesses".
Die Begründung der CSU/CDU dafür klingt wie aus einer anderen Zeit: Man wolle "die Behörden nicht mit unnötigen Anfragen überlasten". Als ob Transparenz ein Luxusproblem wäre und nicht ein demokratisches Grundprinzip.
Der Anruf: Kafka hätte es nicht besser erfinden können
In meinem Bemühen um Klarheit rief ich den Bürgerbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung an. Die Szene, die sich abspielte, hätte in einem satirischen Theaterstück stattfinden können:
"Könnten Sie mir bitte Ihren Namen sagen, damit ich mich in meiner E-Mail auf Sie beziehen kann?", fragte ich höflich.
"Das darf ich leider nicht", entgegnete die Dame am Telefon. "Anweisung von oben. Ich darf meinen Namen nicht nennen."
"Das ist doch nicht Ihr Ernst?", fragte ich ungläubig.
"Doch, doch. Da spielt auch der Datenschutz mit hinein. Ich darf meinen Namen nicht sagen."
Verwundert hakte ich nach: "Haben Sie denn Angst vor den Bürgern?"
"Sie müssen verstehen", erklärte sie, "dass nicht alle Bürger, die hier anrufen, so freundlich sind wie Sie. Da gibt es schon bösartige Menschen, da bekommt man schon Angst. Daher kann ich Ihnen leider keinen Namen nennen."
So wurde mir jede mündliche Auskunft verweigert. "Nur schriftlich!" war die Devise – und das für eine simple Frage nach geltendem Recht.
Das absurde Finale
Die Pointe dieses bürokratischen Theaters: Ich soll nun eine schriftliche Anfrage stellen, adressiert an "die unbekannte Dame, die ihren Namen nicht nennen darf". Kein Witz. So lautet die offizielle Anrede, die ich verwenden soll.
Die eigentliche Frage bleibt offen
Meine ursprüngliche Frage – ob Bayern endlich seit Januar 2025 ein modernes Transparenzgesetz hat oder ob weiterhin die restriktive Regelung gilt – bleibt vorerst unbeantwortet. Die Informationspolitik gleicht einer Burg mit hochgezogener Zugbrücke.
In einem Land, in dem Behörden dem Bürger dienen sollten, erscheint dies wie eine verkehrte Welt. In fast jedem anderen Bundesland können Bürger Anfragen ohne Rechtfertigung stellen und erhalten Antworten – nur in Bayern muss man offenbar erst beweisen, warum man etwas wissen darf.
Diese kleine Episode zeigt mehr als nur ein bürokratisches Problem – sie zeigt ein grundlegendes Missverständnis über das Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Information ist keine Gnade, die gewährt wird, sondern ein Recht in einer funktionierenden Demokratie.
Wenn Behördenmitarbeiter aus Angst vor Bürgern ihre Namen nicht nennen dürfen und hinter einer Mauer aus Vorschriften und Datenschutzargumenten verschwinden, stellt sich die Frage: Wer dient hier eigentlich wem?
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