Wieder einmal geistert ein Tweet durch die sozialen Medien, der exemplarisch für das ökonomische Halbwissen steht, das in Deutschland leider weit verbreitet ist:
"15€ Mindestlohn passiert Was die Aushilfe denkt: "Geil, mehr Lohn." Was der Chef denkt: "Die Stelle rentiert sich nicht mehr, die muss weg." Ratet, was eher passiert."
Diese vermeintliche Weisheit hat tausende Likes und wird von einer Armada von Kommentatoren beklatscht, die alle dasselbe neoklassische Mantra wiederholen: Höhere Löhne = weniger Jobs.
Quelle: https://x.com/WolfDesNordens/status/1898450935170613736
Die 40-jährige Lebenslüge der neoliberalen Ökonomie
Seit vier Jahrzehnten wird uns erzählt, dass niedrige Löhne der Schlüssel zu mehr Beschäftigung seien. Seit vier Jahrzehnten wird diese Behauptung durch die Realität widerlegt. Die Frage, die wir uns stellen müssen: Wenn diese Theorie stimmt, warum haben wir dann nach 40 Jahren Lohnzurückhaltung nicht Vollbeschäftigung und Wohlstand für alle?
Die Antwort ist einfach: Weil die Theorie grundlegend falsch ist.
Der Henry-Ford-Effekt
Bereits vor über 100 Jahren erkannte der Industrielle Henry Ford eine simple wirtschaftliche Wahrheit, die heute gerne ignoriert wird: "Autos kaufen keine Autos." Ford verdoppelte den Lohn seiner Arbeiter, damit sie sich seine Fahrzeuge leisten konnten. Er begriff instinktiv, was moderne Ökonomen als "Multiplikatoreffekt" bezeichnen: Höhere Löhne führen zu höherer Nachfrage, die wiederum zu mehr Produktion und letztlich zu mehr Arbeitsplätzen führt.
Das Griechenland-Desaster
Man muss nicht weit schauen, um die katastrophalen Folgen der "Niedriglohn-bringt-Jobs"-Ideologie zu sehen. In Griechenland wurden nach der Finanzkrise die Löhne um durchschnittlich 30% gesenkt. Das Versprechen: Mehr Wettbewerbsfähigkeit, mehr Jobs, wirtschaftliche Erholung. Das Ergebnis: Eine historische Depression, Massenarbeitslosigkeit und soziales Elend.
Wie der Ökonom Heiner Flassbeck betont: "In der neoklassischen Theorie unterstellt man, dass wenn die Löhne sinken, die Arbeitslosigkeit runtergeht. Stimmt aber nicht! Wenn die Löhne sinken, steigt die Arbeitslosigkeit in Wirklichkeit." Griechenland ist das erschreckendste Experiment dieser Art seit der Großen Depression der 1930er Jahre – und die Ergebnisse widerlegen eindrucksvoll die neoklassische Theorie.
Die Automatisierungslüge
Ein beliebtes Argument der Mindestlohn-Gegner lautet: "Bei höheren Löhnen werden Stellen automatisiert." Die Realität zeigt jedoch: Unternehmen automatisieren immer dann, wenn es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist – unabhängig vom Lohnniveau. Wer glaubt, ein Unternehmer würde aus Nächstenliebe auf Rationalisierung verzichten, nur weil die Löhne niedrig sind, hat von unternehmerischem Denken nichts verstanden.
Die neoklassische Theorie behauptet absurderweise, dass Unternehmen bei niedrigen Löhnen sogar ihre Produktionsmethoden umstellen und zu arbeitsintensiveren Verfahren zurückkehren würden. Wie Flassbeck am Beispiel China ironisch beschreibt: "In der ökonomischen Theorie der Neoklassik geht der Unternehmer dorthin und erfindet eine arbeitsintensive Technologie, die es gar nicht gibt, die muss er neu erfinden, weil die Löhne dort niedrig sind – und macht keinen Gewinn. Das ist vollkommen absurd!"
Die Vermindestlohnung der Gesellschaft
Besonders perfide ist die Strategie, den Mindestlohn als großzügig darzustellen. 15€ pro Stunde – bei einer 40-Stunden-Woche entspricht das etwa 2.400€ brutto monatlich. In deutschen Großstädten reicht das kaum, um eine Familie zu ernähren. Wenn man dann noch bedenkt, dass viele Betroffene nicht einmal Vollzeit arbeiten können, wird die Absurdität der Behauptung, dieser Lohn sei "zu hoch", offensichtlich.
Wohlstand durch Kaufkraft
Was die Verfechter niedriger Löhne nicht verstehen (oder ignorieren): Eine funktionierende Volkswirtschaft braucht Konsumenten mit Kaufkraft. Wenn immer mehr Menschen am Existenzminimum leben, bricht die Binnennachfrage ein – und damit auch der Absatz der Unternehmen. Ein Teufelskreis entsteht, der letztlich allen schadet.
Die grundlegende ökonomische Wahrheit ist einfach: "Wenn die Löhne um 30% gesenkt werden, dann sinkt die Nachfrage um 30%, weil die Leute nichts kaufen können – und dann schmeißt der Unternehmer noch 30% Leute raus, weil er die nicht mehr braucht." In der neoklassischen Fantasiewelt würde der Unternehmer hingegen "in einer theoretischen Sekunde" seine Produktion umbauen, um mehr Arbeitskräfte einzustellen – ein Szenario, das mit der Realität nichts zu tun hat.
Der "Fachkräftemangel"-Mythos
Ein weiteres Element der neoklassischen Propaganda ist der ständig beschworene "Fachkräftemangel" – trotz steigender Arbeitslosigkeit. Wie Flassbeck pointiert bemerkt: "Wir haben seit einem Jahr: Die Arbeitslosigkeit ist in einem Jahr um 120.000 gestiegen, die offenen Stellen sind von 800.000 auf 600.000 zurückgegangen – also eine klassische Arbeitsmarktkrise. Und jeder dumme Journalist hat sofort: 'Der schreckliche Fachkräftemangel!'"
Besonders entlarvend ist ein fundamentaler Widerspruch: Wenn es tatsächlich einen akuten Fachkräftemangel gäbe, müssten nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage – auf die sich die Neoklassiker sonst so gerne berufen – die Löhne drastisch steigen. Schließlich würden Unternehmen in einem echten Mangelszenario um die knappen Arbeitskräfte konkurrieren und die Gehälter nach oben treiben. Doch genau das passiert nicht. Die Löhne stagnieren weitgehend oder steigen nur minimal, was dem behaupteten "Mangel" komplett widerspricht.
Offenbar gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage in der neoklassischen Welt nur dann, wenn es den Interessen des Kapitals dient – und nicht, wenn es höhere Löhne rechtfertigen würde. Diese bewusste Verdrehung der Realität dient dazu, von der eigentlichen Problematik abzulenken und die Verantwortung für Arbeitslosigkeit den Arbeitssuchenden zuzuschieben, statt strukturelle wirtschaftliche Probleme anzuerkennen.
Die Inflation als Schreckgespenst
Ein weiteres Totschlagargument gegen höhere Löhne ist stets die drohende Inflation. Doch wie Flassbeck deutlich macht, wird dieses Argument maßlos übertrieben und missbraucht: "Das ist das blödeste – die blödeste Aufgabe, die man jemand geben kann: Preisstabilität herzustellen. Da kann man, wenn man die Wirtschaft zerkloppt, immer Preisstabilität herstellen."
In Europa steht die Preisstabilität als alleiniges Ziel der Geldpolitik an erster Stelle, während in den USA sowohl Beschäftigung als auch Preisstabilität gleichermaßen wichtig sind. Diese einseitige Fixierung auf Inflationsbekämpfung führt dazu, dass wir selbst bei hoher Arbeitslosigkeit eine restriktive Wirtschaftspolitik betreiben – zum Schaden der Mehrheit.
Die deutsche Angst vor Inflation ist historisch durch die 1920er Jahre geprägt, während die verheerenden Folgen der Großen Depression der 1930er Jahre – die durch eine deflationäre Politik verschärft wurde – weitgehend aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden sind. Dieses Ungleichgewicht in der Erinnerung führt zu einer Politik, die Arbeitslosigkeit als weniger problematisch ansieht als leicht steigende Preise – obwohl Arbeitslosigkeit für die Betroffenen viel gravierendere Folgen hat.
Wie Flassbeck betont: "Ein bisschen mehr Preissteigerung" ist weit weniger schädlich als hohe Arbeitslosigkeit. Doch die deutsche Wirtschaftspolitik und die ihr zugrunde liegende ökonomische Theorie haben diese einfache Wahrheit aus dem Blick verloren.
Die falsche Schuldzuweisung
In den sozialen Medien findet man zahlreiche Kommentare von Unternehmern, die behaupten, wegen höherer Mindestlöhne ihre Geschäfte schließen zu müssen: "Man sieht es zum Beispiel an den Bäckern. Viele haben schon zugemacht und noch mehr werden folgen. Niemand wird sich ein Brötchen für 65 Cent mehr leisten." Oder: "Ich habe zwei Minijobber. Wenn das in Kraft tritt, nur noch einen. Das ist sicher."
Diese Schuldzuweisung an den Mindestlohn greift jedoch zu kurz und lenkt von den eigentlichen strukturellen Problemen ab. Die Schwierigkeiten vieler kleiner Unternehmen sind nicht primär eine Folge "zu hoher" Löhne, sondern das Ergebnis eines jahrzehntelangen wirtschaftlichen Ungleichgewichts:
- Fehlende Binnennachfrage: Durch jahrelange Lohnzurückhaltung wurde die Kaufkraft der breiten Bevölkerung geschwächt. Wer nur Mindestlohn verdient, kann sich bestimmte Dienstleistungen und Produkte kaum leisten – das Problem ist also nicht der Mindestlohn, sondern die allgemein zu niedrigen Löhne in vielen Sektoren.
- Ungleiche Marktmacht: Kleine Unternehmen stehen unter enormem Wettbewerbsdruck durch große Konzerne mit Skalenvorteilen. Der Bäcker konkurriert mit industrieller Massenproduktion in Discountern, die mit ganz anderen Kostenstrukturen arbeiten.
- Versagen der Wirtschaftspolitik: Statt kleine und mittlere Unternehmen gezielt zu fördern, setzt die Politik auf Steuererleichterungen für Großkonzerne und schafft ungleiche Wettbewerbsbedingungen.
Wie Flassbeck betont: "Ein Geschäftsmodell, das nur mit Hungerlöhnen funktioniert, ist grundsätzlich problematisch." Die Lösung kann nicht darin bestehen, die Löhne unter das Existenzminimum zu drücken, sondern muss auf einer grundlegenden Umverteilung und Stärkung der Kaufkraft basieren. Nur wenn die Menschen genug verdienen, um konsumieren zu können, haben auch kleine Unternehmen eine Chance am Markt.
Erfolgreiche Hochlohnländer
Länder wie Dänemark, Schweden oder Österreich zeigen seit Jahrzehnten, dass hohe Löhne, starke soziale Absicherung und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch sind – im Gegenteil. Diese Länder haben oft niedrigere Arbeitslosenzahlen und stabilere Volkswirtschaften als Niedriglohnländer.
Flassbeck verweist zudem auf die USA, die trotz aller Unterschiede zum europäischen Modell zeigen, dass eine expansivere Fiskalpolitik zu besseren Beschäftigungsergebnissen führt: "Die USA sind bei Vollbeschäftigung... Was machen die? Die machen expansive Fiskalpolitik bis zum geht nicht mehr, und zwar ungeheure Mengen von staatlichem Geld." Im Gegensatz dazu versucht Europa, mit Sparpolitik und Lohnzurückhaltung zum Erfolg zu kommen – ein Ansatz, der seit Jahrzehnten scheitert.
Das Bäcker-Paradox: Wenn Produktivität nicht allen nutzt
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die verzerrte Verteilung von Produktivitätsgewinnen liefert die Bäckereibranche:
Nehmen wir das Beispiel einer modernen Großbäckerei wie Kamps: Ein einziges Werk mit nur 250 Beschäftigten verarbeitet täglich bis zu 320 Tonnen Mehl. Allein der Brötchenverkauf von vier Tagen würde theoretisch ausreichen, um die Monatsgehälter aller Mitarbeiter zu bezahlen.
Bei einer Verarbeitung von 100 Tonnen Mehl zu Brötchen, mit einem Verkaufspreis von nur 0,10 Euro pro Stück, ergibt sich ein Tagesumsatz von 300.000 Euro - allein aus Brötchen. Wo früher 3.000 Menschen (1.000 Bäcker mit je einem Gesellen und einer Verkäuferin) ihr Auskommen hatten, schaffen heute 250 Menschen die gleiche Produktion.
Und dennoch sehen wir überall Bäckereien, die behaupten, sie könnten sich höhere Löhne nicht leisten. Die wahren Kostentreiber sind jedoch Zins- und Tilgungslasten, Energiekosten und ineffiziente Konzernstrukturen - nicht die Löhne der Beschäftigten.
Wenn kleine Bäckereien heute aufgeben müssen, liegt das nicht an "zu hohen" Löhnen, sondern an einem wirtschaftlichen System, das die enormen Produktivitätsgewinne nicht gerecht verteilt. Die Großbäckereien erwirtschaften Rekordgewinne, während gleichzeitig behauptet wird, ein Brötchen würde "zu teuer", wenn der Mindestlohn steigt.
Dieses Beispiel zeigt deutlich: Das Problem ist nicht der Mindestlohn. Das Problem ist ein Wirtschaftssystem, das die Früchte gesteigerter Produktivität systematisch von unten nach oben umverteilt.
Fazit: Ideologische Verblendung statt ökonomischer Vernunft
Die Behauptung, höhere Mindestlöhne würden automatisch zu Arbeitsplatzverlusten führen, ist keine wirtschaftliche Wahrheit, sondern eine ideologische Position. Sie dient vor allem jenen, die von niedrigen Löhnen profitieren: großen Unternehmen, die ihre Gewinne maximieren wollen.
Wie Flassbeck betont: "Seit 40 Jahren wird uns erzählt, dass niedrige Löhne der Schlüssel zu mehr Beschäftigung seien. Seit 40 Jahren wird diese Behauptung durch die Realität widerlegt." Die eigentliche Frage lautet: "Wenn diese Theorie stimmt, warum haben wir dann nach 40 Jahren Lohnzurückhaltung nicht Vollbeschäftigung und Wohlstand für alle?"
Die eigentliche Tragödie ist, dass so viele Menschen dieser Propaganda applaudieren – oft jene, die selbst von höheren Löhnen profitieren würden. Es ist an der Zeit, diesen ökonomischen Unsinn zu entlarven und eine Wirtschaftspolitik zu fordern, die dem Wohlstand aller dient, nicht nur dem der wenigen.
Niedrige Löhne sind nicht die Lösung für unsere wirtschaftlichen Probleme – sie sind ein wesentlicher Teil des Problems.
Mehr zum Thema: In diesem aufschlussreichen Interview erläutert der Ökonom Heiner Flassbeck ausführlich die Probleme der herrschenden Wirtschaftstheorie und erklärt, warum niedrige Löhne keine Jobs schaffen – im Gegenteil. Sehr sehenswert für alle, die tiefer in die Thematik einsteigen möchten.
Nachtrag vom 9.3.2025: Die Mindestlohn-Gegner in Aktion
Wie zur Bestätigung meines Blogbeitrags erhielt ich heute einen Kommentar von Marcel Luthe (Vorsitzender der Good Governance Gewerkschaft und ehemaliger Abgeordneter), der perfekt demonstriert, wie tief die neoklassischen Dogmen verankert sind. Er schreibt:
"Eine der ökonomisch dümmsten Positionen [...]: ein Mindestlohn von 15 €. Was auf den allersten Blick prima klingen mag, ist wie alle Planwirtschaft ungerecht und wohlstandsfeindlich. Wer für einfachste Hilfstätigkeiten 15 € zahlen soll, nutzt diese Tätigkeiten möglichst nicht; wer für 5 Euro mehr eine Fachkraft haben kann, stellt sicher keinen Hilfsarbeiter ein. Der Abstand zwischen der ungelernten Hilfskraft und dem gut ausgebildeten Kollegen wird kleiner, es lohnt sich immer weniger, gut ausgebildet zu sein. Die Kosten für die Produktion von Waren und Dienstleistungen steigen weiter, Deutschland wird international noch weniger wettbewerbsfähig, was die Kaufkraft des Euro weiter senkt. Die Marktpreise werden sich dem automatisch anpassen, mit dem Mindestlohn steigt also auch die Inflation..."
Quelle: https://x.com/GGLuthe/status/1898703615901982749
Diese Argumentation bündelt praktisch alle Mythen, die ich in meinem Beitrag widerlegt habe:
1. Der "Tätigkeiten werden nicht mehr genutzt"-Mythos
Nach jeder Mindestlohnerhöhung wurde dasselbe Schreckgespenst an die Wand gemalt – und nie ist es eingetreten. Reinigung, Logistik, Pflege, Einzelhandel – diese Tätigkeiten sind unverzichtbar und können nicht einfach "nicht genutzt" werden. Tatsächlich zeigt die Forschung, dass Mindestlohnerhöhungen nur minimale Beschäftigungseffekte haben, weil diese Tätigkeiten schlicht notwendig sind.
2. Der "Abstand wird kleiner"-Mythos
Was hier als Problem dargestellt wird, ist tatsächlich eine der größten Stärken des Mindestlohns! Ein höherer Mindestlohn übt Druck auf das gesamte Lohngefüge aus. Wenn ungelernte Arbeit besser bezahlt wird, müssen auch die Löhne für Fachkräfte steigen. Der Mindestlohn wird zum Zugpferd für alle Löhne – genau was wir nach Jahrzehnten der Lohnstagnation brauchen.
3. Der "Wettbewerbsfähigkeits"-Mythos
Wie im Hauptbeitrag ausführlich dargelegt: Deutschland konkurriert nicht mit China um die niedrigsten Löhne, sondern mit Qualität, Innovation und Technologie. Unsere erfolgreichsten Exportprodukte sind Hightech-Güter, bei denen Lohnkosten einen vergleichsweise geringen Anteil ausmachen. Länder mit höheren Löhnen als Deutschland (wie Dänemark oder die Schweiz) sind ebenfalls international wettbewerbsfähig.
4. Der Inflations-Mythos
Die empirischen Daten zeigen: Länder mit höheren Mindestlöhnen haben nicht systematisch höhere Inflationsraten. Die Schweiz hat deutlich höhere Löhne und niedrigere Inflation als Deutschland. Die Inflationstreiber der letzten Jahre waren Energiekosten, Lieferkettenprobleme und Unternehmensgewinne – nicht Lohnsteigerungen.
5. Das Steuerargument
Das Argument, höhere Löhne seien problematisch, weil man dann mehr Steuern zahlt, ist absurd. Natürlich zahlt man bei höherem Einkommen mehr Steuern – behält aber trotzdem mehr Netto. Das ist kein Argument gegen höhere Löhne, sondern höchstens für eine Reform des Steuersystems.
Dieser Kommentar zeigt exemplarisch, wie tief die neoklassischen Denkmuster in Teilen der Gesellschaft verankert sind – selbst bei jemandem, der sich als Gewerkschafter bezeichnet! Er bestätigt meine These, dass wir es hier nicht mit ökonomischer Rationalität zu tun haben, sondern mit einer Ideologie, die entgegen aller empirischen Beweise an Dogmen festhält, die den Interessen des Kapitals dienen.
Die Realität bleibt: 40 Jahre dieser Politik haben zu wachsender Ungleichheit, prekären Arbeitsverhältnissen und einer schwächelnden Binnennachfrage geführt. Es ist Zeit für einen grundlegenden Kurswechsel – hin zu einer Wirtschaftspolitik, die den Menschen dient, nicht umgekehrt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen