Während hierzulande manche Wirtschaftskommentatoren und selbsternannte "Freiheitsdenker" den argentinischen Präsidenten Javier Milei als mutigen Reformer feiern, zeigt sich in Argentinien das wahre Gesicht seiner Politik: menschenverachtend, diskriminierend und rückschrittlich bis ins Mark.
"Idioten", "Schwachsinnige" und "geistig Zurückgebliebene"
Was ist passiert? Die Nationale Behörde für Behinderungen in Argentinien (ANDIS) veröffentlichte im Januar 2025 im Rahmen von Mileis Regierung eine Verordnung, die Menschen mit geistigen Behinderungen in folgende Kategorien einteilte:
- "0-30 IQ: Idioten"
- "30-50 IQ: Schwachsinnige"
- "50-60 IQ: schwer geistig zurückgeblieben"
- "60-70 IQ: mäßig geistig zurückgeblieben"
- "70-90 IQ: leicht geistig zurückgeblieben"
Diese Terminologie stammt direkt aus dem 19. Jahrhundert und wurde längst als zutiefst diskriminierend und entmenschlichend verurteilt. Begriffe, die heute nur noch als Beleidigungen verwendet werden, fanden sich plötzlich in offiziellen Staatsdokumenten wieder!
Der wahre Zweck: Kahlschlag im Sozialsystem
Besonders perfide: Diese Klassifizierung war Teil eines breiteren Programms zur "Überprüfung" von Sozialleistungen für etwa eine Million Argentinier mit Behinderungen. Hier zeigt sich die wahre Agenda - unter dem Deckmantel der "Betrugsbekämpfung" wird die Abrissbirne an den Sozialstaat gelegt.
Wir kennen diese Methode: Erst werden Menschen stigmatisiert und entmenschlicht, dann kann man ihnen leichter die Unterstützung entziehen, die ihnen zusteht. Die menschenverachtende Sprache ist kein Zufall, sondern programmatisch für eine Politik, die Menschen nach ihrer wirtschaftlichen "Nützlichkeit" bewertet.
Die "Entschuldigung" - ein durchsichtiges Manöver
Erst nach massiven Protesten von Menschenrechtsorganisationen und internationaler Kritik ruderte die Behörde zurück und sprach von einem "Fehler" und "veralteter Terminologie". Ein Mitarbeiter wurde entlassen - die klassische Bauernopfer-Strategie.
Doch diese "Entschuldigung" kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die verwendete Sprache perfekt zu Mileis eigenem Sprachgebrauch passt. Wie die Zeitschrift "Buenos Aires Times" berichtet, bezeichnet Milei seine Kritiker regelmäßig als "Idioten", "Hirnlose" und "Mongoloide".
Der libertäre Angriff auf die Menschenwürde
Was in Argentinien geschieht, ist ein Weckruf für uns alle. Die selbsternannten Libertären feiern die "Freiheit" - aber meinen damit vor allem die Freiheit der Starken, sich nicht um die Schwachen kümmern zu müssen. Die "Verkleinerung des Staates" bedeutet in der Praxis: Abbau von Solidarität, Entmenschlichung der Verletzlichen und die Reduzierung des Menschen auf seinen wirtschaftlichen Wert.
Dass Milei hierzulande von manchen als Vorbild gepriesen wird, zeigt, wie weit der gesellschaftliche Kompass bereits verschoben ist. Als ob wir nichts aus der Geschichte gelernt hätten, werden wieder Begriffe aus der Mottenkiste der Eugenik und Sozialdarwinismus hervorgeholt.
Wehret den Anfängen!
Die argentinische Behindertenrechtsanwältin Agostina Quiroz bringt es auf den Punkt: "Die Tatsache, dass die Öffentlichkeit weiterhin diese Begriffe verwendet, verursacht schwere Schäden für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien sowie für die Gesellschaft als Ganzes, indem Stereotypen und Barrieren verstärkt werden, die gegen den Aufbau fairerer und inklusiverer Gemeinschaften wirken."
Wer glaubt, dass solche Entwicklungen an unseren Grenzen haltmachen, ist naiv. Die gleichen wirtschaftsliberalen Kräfte, die Milei bejubeln, arbeiten auch hier daran, den Sozialstaat zu demontieren und die Schwächsten zu stigmatisieren.
Seien wir wachsam und nennen wir diese menschenverachtende Politik beim Namen - egal in welchem ideologischen Gewand sie daherkommt.
Quellen:
- Ara: "Milei's government describes people with disabilities as 'idiots' and 'imbeciles'"
- RTHK: "Argentina agency blasted over disability scale"
- Buenos Aires Times: "'Idiot, imbecile or mentally deficient'? Milei government's take on disabled"
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