Als Deutschland den 1. Weltkrieg verloren hatte, wurden Deutschland
von den Siegern zwar einige Reparationszahlungen auferlegt, aber auf
eine vollständige Steuerung der Medien verzichtet. Die Sieger scheinen
angenommen zu haben, wenn der Kaiser davongejagt sei und aus Deutschland
eine freiheitliche demokratische Republik gemacht würde, dann würde von
Deutschland keine Gefahr mehr ausgehen. Das war ein Irrtum.
Im Jahre 1928 publizierte
Edward L. Bernays sein bis heute gültiges Standardwerk “
Propaganda“, in dem er zur Steuerung der Demokratie folgende Überlegung anstellte:
“Die bewusste und intelligente Manipulation der
organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges
Element in der demokratischen Gesellschaft. Wer die ungesehenen
Gesellschaftsmechanismen manipuliert, bildet eine unsichtbare Regierung,
welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist.”
Dieses Buch wurde nicht nur von den Eliten in den USA und
Großbritanien gelesen, sondern hatte, wie Bernays später schockiert
feststellte, auch einen festen Platz im Bücherschrank von Joseph
Goebbels. Dank
großzügiger Finanzspritzen durch Personen wie
Fritz Thyssen und
Prescott Bush, mit deren Geld Propagandaschriften wie der “
völkische Beobachter“, “
Der Stürmer” und “
Der Angriff” letztlich finanziert wurden, gelang es
Adolf Hitler
im Januar 1933 zuerst die Wahl zu gewinnen und dann, nachdem seine
nationalsozialistische Propagandamaschine keine Zweifel daran ließ, dass
Kommunisten für den von den Nazis organisierten
Reichstagsbrand verantwortlich wären, mit dem
Ermächtigungsgesetz wenige Wochen später auch gleich Diktator von Deutschland zu werden. Während der Nazi-Diktatur verbreitete das
Deutsche Nachrichtenbüro als Nachrichtenagentur Propaganda anstelle von Nachrichten und Klitschen wie
Bertelsmann wurden mit dem Druck von linientreuer Propaganda zu Großkonzernen.
Als der Sieg der Alliierten 1944 absehbar war, standen sie vor der
Aufgabe, in Deutschland eine Medienlandschaft zu schaffen, die
sicherstellte, dass es gleichgeschalteten Goebbels-Medien nie wieder
gelingen würde, die deutsche Bevölkerung zu einem Krieg gegen ihre
Befreier aufzuhetzen. In der Zeit von 1944 bis etwa 1950 ist die
Steuerung der Medien in Deutschland durch die Allierten von Grund auf
neu in dauerhaften Strukturen organisiert worden. Zum Verständnis der
heutigen Medienlandschaft in Deutschland macht es deshalb sicherlich
Sinn, sich die Erschaffung dieser dauerhaften Strukturen sehr genau
anzuschauen.
Reinhard Mohn,
Sohn von Heinrich Mohn und ein Enkel von Johannes Mohn, dem 1887 von
seinem Schwiegervater Heinrich Bertelsmann die Leitung des Gütersloher
Druck- und Verlagshauses Bertelsmann übertragen wurde, war, nachdem er
als Leutnant der deutschen Luftwaffe in amerikanische
Kriegsgefangenschaft geriet, von 1943 bis 1945 in einem
Offizierslager in Kansas und eignete sich dort
laut Wikipedia “neben Englisch auch Management-Kenntnisse an” an.
Hanni Butkay hat im März 2003 aus dem 1999 erschienenen Wälzer “
Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland” von
Jürgen Wilke eine
Zeittafel extrahiert, in der einige bemerkenswerte Vorgänge aus dieser Zeit im Detail aufgeführt sind:
“Jan 1944: Briten und Amerikaner führen Detailplanungen
für Eroberung Deutschlands und für die Phase nach der Kapitulation
zusammen in der Psychological Warfare Division (PWD), einem Teil der SHAEF, durch.”
Dass das geschehen ist, ist naheliegend. Sender und Druckmaschinen
sind im Rahmen eines Krieges strategisch wichtige Ziele und wenn man
dabei ist, Sender und Druckmaschinen zu erobern, dann wird man sich auch
mal Gedanken darüber machen, was man da eigentlich senden und drucken
will. Für das befreite Deutschland wurde die Steuerung der Medien also
gemeinsam von Briten und Amerikanern geplant und zuständig dafür war die
Armeeabteilung für
psychologische Kriegsführung. Im März 1944 waren auch die Franzosen mit dabei, womit die Westalliierten komplett waren.
Für den März 1944 findet sich dann ein generelles Verbot aller publizistischen Tätigkeiten in Deutschland:
“Verbot aller publizistischen Tätigkeiten in Deutschland
durch das Gesetz Nr. 191 des Supreme Headquarters of the Allied
Expeditionary Forces (SHAEF)”
Jeder, der in den befreiten Gebieten der Westalliierten etwas
publizieren wollte, benötigte also fortan eine Genehmigung. Ohne die
Genehmigung der Alliierten durfte in den folgenden Jahren nichts
publiziert werden. Weiter fasst Hanni Butkay zusammen:
“April (1944): Verfahrensvorschlag der PWD für die
längerfristige Rundfunkkontrolle: Es sollte ein Tripartite (Amerikaner,
Briten, Sowjets) Propaganda Policy Committee eingerichtet werden, dessen
ausführendes Organ ein Executive Control Body (3-Mächte-Kontrolle für
den Deutschlandsender und das Deutsche Nachrichtenbüro in Berlin)
darstellen sollte; in dieses sollte eine interalliierte Direction of
German Radio Service eingegliedert werden, die v.a. für die Produktion
eines nationalen Rundfunkdienstes zuständig sein sollte.”
Diese Idee der Psychological Warfare Division war eine Schnapsidee.
Die Regierungen von USA und Großbritannien waren 1944 längst in die
Planung des Kampfes gegen den sowjetischen Kommunismus übergegangen.
Briten, Amerikaner und Franzosen haben die Medien 1945 in ihren Zonen
ohne Mitsprache der Sowjetunion organisiert, die bei der Übernahme und
Neuerschaffung von Medien in ihren Zonen deutlich langsamer war.
Da es bei der Hoheit über Medien um die strategisch außerordnetlich
wichtige psychologische Kontrolle der Bevölkerung geht, gab es bereits
am 24.08.1945 einen Eklat zwischen Westalliierten und Sowjets in
Rundfunkangelgenheiten:
“24.8.Erster rundfunkpolitischer Eklat zwischen den Alliierten: Die Errichtung
eines Multipartite Radio-Committees, die zuvor im Information
Committee der Berliner Kommandatur vereinbart worden war, scheitert. …”
Für den Dezember 1945 ist vermerkt, dass in der britischen Zone 40
Lizenzzeitungen genehmigt wurden und aus Effizienzgründen die Kontrolle
der Lizenzpresse dort über eine Nachzensur geregelt wurde:
“Aufsicht über die Lizenzpresse: Press and Information
Services Control (PR/ISC); ihre Aufgabe war allerdings nahezu unlösbar,
v.a. was die Umerziehungs-Kontrolle anbelangt. Die Inhaltskontrolle
wurde über eine Nachzensur durchgeführt.”
In der sowjetischen Besatzungszone wurde hingegen versucht, die
Umerzeihung der Deutschen mithilfe von direkter Zensur zu erreichen:
“21.11.(1945) Die Leitung des Rundfunkwesens in der
sowjetischen Zone wird der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung
(DVV) überantwortet, dessen Leiter Paul Wedel, ehemaliger Chefredakteur
des KPD-Zentralorgans Deutsche Volkszeitung, wird. Die SMAD kontrolliert
alle Rundfunkmitarbeiter und zensiert die Sendungen.”
Die anfänglich in den Westzonen von den Westallierten selbst
betriebenen Rundfunksender und Nachrichtenagenturen wurden in der
Folgezeit an Vertrauenspersonen der Alliierten übergeben und somit
eingedeutscht. Als 1948 in den Westzonen eine vielfältige freie
Lizenzpresse entstanden war, die komplett mit den Westalliierten
genehmen Personen besetzt und ranghohe Nazis aus Hitler’s
Ostgeheimdienst “Fremde Heere Ost” in der “
Organisation Gehlen” von der CIA als
antikommunistische Machtstütze für den
Schwager von
John McCloy,
Konrad Adenauer, übernommen war, stand 1949 der Gründung der
Bundesrepublik Deutschland als Teil des westlichen Staatenbündnisses,
was der Absicht der Sowjets auf ein geeinigtes neutrales Deutschland
zuwiderlief, nichts mehr im Wege.
Nachdem in der frisch gegründeten Bundesrepublik Deutschland mit
Unterstützung der Lizenzpresse Konrad Adenauer zum Bundeskanzler gewählt
worden war, wurde die Genehmigungspflicht für Medien durch die
Westalliierten am 21.09.1949 aufgehoben. Alle bis dahin in den
westlichen Besatzungszonen gegründeten Rundfunksender, Verlage,
Zeitungen und Zeitschriften, angefangen bei der Süddeutschen Zeitung
über Spiegel und Zeit bis hin zur Hamburger Morgenpost, die sich danach
als Medienunternehmen auf dem freien Markt behaupten durften, sind
Lizenzprodukte der Westalliierten. Dank
Wirtschaftswunder und der von
CIA und Nazis fiel es der “freien” Ex-Lizenzpresse in der Folgezeit nicht schwer,
braune 131er zu feiern.
Besonders gut behaupteten sich auf dem freien Markt offenbar
diejenigen Medienunternehmen, die über eine besonders enge Beziehung zu
den westlichen Geheimdiensten verfügten. Hervorragend entwickelte sich
beispielsweise die Zeit. Über die Partnerin von
Eric M. Warburg in der
Atlantik-Brücke,
Marion Gräfin Dönhoff, die wesentlichen Einfluss bei
der Zeit hatte, schrieb Otto Köhler in Freitag im Jahre 2003 unter dem Titel
Deckname “Dorothea”:
“So vielfältig die Zeit-Kontakte zum BND waren - Marion
Gräfin Dönhoff wurde - laut Eenboom - im März 1970 unter dem Decknamen
“Dorothea” als “erstrangige BND-Sonderverbindung” geführt - andere
Geheimdienste konnten sich auch nicht beschweren.”
Dass bei der Zeit nun ausgerechnet
Michael Naumann, Ex-Schwiegersohn von Reinhard Gehlens Stellvertreter
Gerhard Wessel
und jetztiger Ehemann von Eric M. Warburgs Tochter Marie Warbug,
Herausgeber ist, spricht nicht gerade dafür, dass heutzutage eine
geradezu familiäre Beziehung zu einem Geheimdienst schädlich für eine
Medienkarriere ist. Wenn die Zeitschrift “
Der Monat“,
bei dem Michael Naumann maßgeblich mitgewirkt hat, bevor sie an die
Zeit gegangen ist, möglicherweise über die CIA-Tarnfirma “
Congress for Cultural Freedom”
mitfinanziert wurde, spricht das auch nicht gerade dagegen. Aber
möglicherweise ist die Information auch falsch. So genau weiß das im
Umfeld von Geheimdiensten ja meist niemand.
Auch der Verlag Kiepenheuer & Witsch entwickelte sich prima. Über Joseph Caspar Witsch findet sich folgende Information
bei Telepolis:
“Heimlicher Kopf der Kölner Gruppe der CIA-Organisation war Josef Caspar Witsch,
ein ehemaliger nationalsozialistischer Kulturfunktionär und SA-Mann, so
die ZDF-Dokumentation, der den Literaturverlag Kiepenheuer & Witsch
gegründet hatte.”
Schön, dass die alternative
taz, deren Mitgründer
Johannes Eisenberg als Presseanwalt auch den
BND vertritt, gleich
zu berichten weiß, dass das vermutlich gar nicht stimmt:
“Der CIA ist fast jeder Schwachsinn zuzutrauen, trotzdem
hat sie bisher versucht, ihre Aktivitäten geheim zu halten, wenn auch
oft vergeblich. Also, was im Hause Kiepenheuer und Witsch geschah, lag
offen zu Tage, jeder, der es wissen wollte, konnte wissen: Witsch ließ
sich seinen, dem belletristischen Verlag angegliederten ›Verlag für
Politik und Wissenschaft‹ vom US-Geheimdienst bezahlen. Und jeder, der
es wollte, konnte in der ›Schröder erzählt‹-Folge ›Menschen wie du und
ich‹ nachlesen, wie Witschs ehemaliger Partner Behrend von Nottbeck 1961
fahnenflüchtig wurde. Der alte Konflikt zwischen SA und SS. Von
Nottbeck gründete mit dem Geld von Reinhard Mohn einen eigenen Verlag,
um einen Teil des kräftig sprudelnden CIA-Dollar-Segens für sich und die
Bertelsmann-Gruppe abzuzweigen. Ich weiß das alles so genau, weil ich
von 1962 bis 1965 Werbeleiter im Hause Kiepenheuer und Witsch war.”
Weiter geht’s damit
hier:
“Aber Ehrgeiz findet immer auch ein Objekt, am 27.
September 1964 veröffentlichte die Warren-Kommission ihren
Siebenhundert-Seiten-Report. Fünf Tage nach dem Tod des Präsidenten
hatte Johnson den Sonderausschuß eingesetzt, der die Ermordung von John
F. Kennedy am 22. November 1963 untersuchen sollte. … »Es würde ein Jahr
dauern, bis wir die Übersetzung fertig hätten, und wer weiß, wer es
noch herausbringen will – das ist der Nachteil, wenn die Rechte frei
sind.« »Wieso ginge es nicht schneller mit fünf Übersetzern? Lassen Sie
uns die Sache mal mit Witsch besprechen. … Ich schaltete eine
›Börsenblatt‹-Anzeige: »Warren-Report« – schon in März-Typographie, nur
statt der ›Fetten Block‹ nahm ich eine schmalfette ›Information‹ für den
Schriftzug, acht Zentimeter hoch, klotzig – »erscheint bereits im
Januar 1965«. Also insgesamt nur eine Produktionszeit von drei Monaten,
sehr knapp. Kaum war diese Anzeige erschienen, meldete ›dpa‹: »Der
›Warren-Report‹ wird schon Anfang Dezember im Verlag für Wissenschaft
und Politik vorliegen.« Und zwei Tage später wieder die Agentur: »Der
Bechtle Verlag, München, kündigt das Erscheinen des ›Warren-Reports‹ für
Mitte November an.« Ja, große Scheiße! Offenbar hatten die beiden
Konkurrenten längst mit der Übersetzung begonnen, also entschied Witsch:
»Wir lassen das fallen.”
Die Lacher haben die Autoren der taz auf ihrer Seite. Den Beweis,
dass Reinhard Mohn möglicherweise bessere Connections für den Druck der
Alleintätertheorie des Warren-Reports zum
Attentat auf John F. Kennedy hatte als der CIA-Agent Joseph Caspar Witsch, würde man allenfalls der “
Generation Doof” zutrauen.
Denn es noch eine ganz andere Geschichte, die zu Reinhard Mohn, dem
damals scheinbar allmächtigen Chef von Bertelsmann, passen könnte. In
einem Forum
schrieb ein Poster mit Namen “
Sterling Seagrave” vor etwa einem halben Jahr folgendes:
“I know Jack Singlaub personally, and knew Bill Casey
slightly, as well. … Casey was one of the key men in the acquisition of
media after WW2. It was one of his proteges (a young German immigrant to
the US) who was sent back to Germany after the war to take over
Bertelsmann and build it up.”
Zu Rupert Murdoch steht da dann übrigens auch noch was interessantes,
aber das soll nun hier nicht interessieren. Mit Bill Casey könnte wohl
der PSYOP-Spezialist beim CIA-Vorläufer OSS und spätere
CIA-Chef von Ronald Reagan William Casey
gemeint sein. Mein Parteibuch weiß natürlich nicht, ob die Information
richtig ist, dass Reinhard Mohn vom CIA_Mann William Casey protegiert
wurde. Aber falls es so war, dann würde das erklären, wie der Eindruck
entstehen kann, Reinhard Mohn hätte bessere Kontakte zur CIA gehabt als
CIA-Agent Joseph Caspar Witsch. Und es hätte dem schier unermesslichen
Wachstum von Bertelsmann zumindest nicht im Wege gestanden.
Ja,
gibt’s denn sowas? Wer sich dann noch bewusst ist, dass die CIA im Rahmen der
Operation Mockingbird
Milliardenbudgets für die ebenso geheime wie illegale Mediensteuerung
im In- und Ausland ausgegeben hat, der kann auf den seltsamen Gedanken
kommen, die Alliierten hätten die Kontrolle über die Medien in
Deutschland 1949 nur zum Schein aufgegeben und die Steuerung der Medien
insgeheim durch die Geheimdienste fortgesetzt.
Man stelle sich mal vor, in allen Massenmedien hat ein Geheimdienst dafür gesorgt, dass ihre Agenten
alle wichtigen Posten besetzen.
Aber wer denkt schon sowas? Das tun die heute bestimmt nicht mehr. Denn
wenn Geheimdienste mit einem Milliardenbudget von Steuergeldern die
Medien als
vierte Gewalt steuern, dann wär die Demokratie ja kaum einen Pfifferling wert. Und das würden
Ehrenmänner wie Bush bestimmt nicht verantworten können.
Quelle
Mein Parteibuch Blog