Noch ein Gedanke zu dem Urteil, dass Sanktionen nicht verfassungswidrig sein können - ich berichtete hier: http://grilleau.blogspot.de/2017/10/wie-deutsche-richter-sanktionen-gegen.html
in dem erklärt wird, "dass eine Einlösung von Gutscheinen, z. B. im Supermarkt, keine Demütigung oder Entwürdigung sanktionierter Personen darstelle, weil eine Angewiesenheit auf öffentliche Mittel nichts Außergewöhnliches sei, und andere Kunden das bekannt ist, daher auch in keiner Weise ehrenrührig."
Dann muss hier die Frage gestattet sein, warum man sich überhaupt den Aufwand macht, eigens dafür Gutscheine auszuhändigen anstatt weiterhin Bargeld? Wenn hinter dieser Ausgabe von Gutscheinen vom Grundsatz her keine disziplinierende Maßnahme steckt, auch keine Demütigung, weil es mit Bargeldzahlung gleichbedeutend sei. So verstehe ich die Begründung dieses Richters.
Verschwiegen wird hier: "dass bei einer Minderung um mehr als 30 Prozent des Regelbedarfs kann das Jobcenter auf Antrag im Rahmen einer Ermessensentscheidung in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen als Zuschuss erbringen, insbesondere in Form von Lebensmittelgutscheinen." Nur wenn Minderjährige im Spiel sind, also eine alleinerziehende Mutter oder Vater, hier muss man Lebensmittelscheine aushändigen. Es ist eine Kann-Vorschrift sowie Ermessensentscheidung“ des jeweiligen Sachbearbeiters des Jobcenters.
Verschwiegen wird auch: dass z.B. beim Einkauf mit einem 20 Euro Lebensmittelgutschein die Discounter, der Bäcker, der Metzger usw. kein Wechselgeld herausgeben darf. Also nichts mit schnell mal 1 l Milch einkaufen, die 20 € müssen aufgehen. Auch nehmen nicht alle Geschäfte diese Lebensmittelgutscheine an, das wird auch verschwiegen. Ist das hier keine Demütigung? Denn nur, so der Richter, wenn demütigende Aspekte bei der Ausgabe eines Lebensmittelgutscheins vorhanden wären, ja dann ... wären sie dann, verfassungswidrig?
Lebensmittelgutscheine, statt Bargeld, dahinter verbirgt sich ein Wirkmechanismus, der tief in die Psyche greift, denn an einer Kasse anstehend mit Lebensmittelgutschein ist von der Wirkweise gleichbedeutend, als ob ein Gefangener der sich im offenen Strafvollzug befindet, seine Fußfesseln nicht mehr am Fuß, sondern ganz sichtbar für alle auf die Stirn geheftet bekommt. Übrigens, Strafgefangene im offenen Strafvollzug, müssen nicht mit einem Lebensmittelgutschein zahlen, das müssen nur Erwerbslose die zum Beispiel einen Termin beim Jobcenter versäumten. Auch werden Strafgefangene nicht bestraft, dass man ihnen das Existenzminimum entzieht, man glaubt es kaum, auch der Tabakgenuss wird ihnen nicht verwehrt, den Erwerbslose in Eckregelsatz nicht zugebilligt bekommen. Das Bild was der Mainstream und unsere Politiker über Erwerbslose seit über 12 Jahren gezeichnet, angefangen von Schmarotzer, Parasiten usw. darf hier beim Anstehen mit Lebensmittelgutschein an der Kasse nicht übersehen werden.
Verschwiegen wird auch, dass sich viele Erwerbslose verschulden, bei ihren Freunden, Bekannten und Verwandten so weit noch soziale Kontakte bestehen. Dieser Betrag wird zurückgezahlt erst dann, wenn die Sanktionen nicht mehr greifen, dadurch fehlt dem Erwerbslosen abermals Geld bedingt durch den Rückzahlungsmodus. Hier kann festgehalten werden, hier wird doppelt bestraft.
Auch ist es nicht möglich mit einem Lebensmittelgutschein ein Telefonrechnung, Stromrechnung oder die Fahrt mit der S-Bahn zu bezahlen, geschweige denn damit die Miete zu begleichen. Hier kann eindeutig festgehalten werden, dass das Ausgeben von Lebensmittelgutscheinen nicht nur eine Demütigung darstellt, es ist schwarze Pädagogik, die hier angewandt wird.
Und wenn dieser Richter das nächste Mal ein Fehlurteil fällt, bin ich dafür, dass er dafür auch sanktioniert wird und das nächste Mal seine Bedarfe mit Lebensmittelgutscheinen gedeckt werden – die er dann bei ausgewählten Discountern bei Aldi, und Lidl verfrühstücken darf. Man muss dieser abgehobenen elitären Schicht immer ihre eigene Kost zu schmecken geben, nur dann begreifen sie, was sie eigentlich für einen gesellschaftlichen Schaden anrichten.
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