Mit 65 Jahren hatte der bedeutende Soziologe Schelsky 1977 sein Buch
‚Die Arbeit tun die anderen- Klassenkampf und Priesterherrschaft der
Intellektuellen‘ geschrieben. Das Buch galt als arge Provokation. In
einem Nachwort zur 2. Auflage berichtet er von den Beleidigungen,
Herabsetzungen, Bedrohungen, denen er wegen seiner Gesellschaftsanalyse
ausgesetzt war. Einer seiner heftigsten Gegner war
Heinrich Böll. Vermutlich war damals der Begriff ‚Achtundsechziger‘noch
nicht geläufig, aber letztlich ging es Schelsky um eine
Auseinandersetzung mit den Anhängern der Frankfurter Schule und deren
Bestreben, eine grundsätzliche Änderung der gesellschaftlichen
Verhältnisse herbeizuführen. Das Heinrich Böll sein schärfster Gegner
war liegt auf der Hand, man siehe dazu: ARTE-Doku über deutsche
Schriftsteller im Geheimdienstgestrüpp
CIA-gesteuert: Heinrich Böll http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=10368
Die komplette Frankfurter Schule wurde gesteuert von Geheimdiensten.
Der
Autor sah die demokratische Gewaltenteilung gefährdet, an die Stelle
der Gewaltenteilung sollte nun der Volkswille entscheiden. Schelsky
schreibt vom Widerstreit zwischen weltlicher und geistlicher Herrschaft,
der die Geschichte des Mittelalters prägte. Nach seiner Meinung
wiederholt sich dieser Glaubensstreit heute durch das Entstehen einer
neuen Klasse der sich politische durchsetzenden Sinn-und
Heilsvermittler. Das Christentum wird verdrängt, es entsteht eine
‚säkularisierte’ gesellschaftliche Religion, bei der das Individuum
gegenüber der Gruppe zurückzutreten hat. All das ist in seinen Augen ein
verhängnisvoller Weg, und er hatte wenig Hoffnung, dass diese
Entwicklung aufgehalten werden könnte. Die religiöse Transzendenz wird
durch eine ‚Transzendenz im Diesseits‘ abgelöst mit den Zielen
Selbstverwirklichung und Emanzipation. Im Hinblick auf Schulen,
Universitäten beklagt er, dass die Universitäten keine Gebildeten mehr
hervorbrächten. Ausbildung wird mit Bildung ververwechselt. Das Private
wird lächerlich gemacht. An die Stelle der Familie tritt die Gruppe.
Kinder sollten sehr früh sozialisiert werden.
Dieses Buch ist
mit 570 kleingedruckten Seiten nicht leicht zu lesen. Das war auch dem
Autor klar, obwohl er versichert, sich an die breite Öffentlichkeit zu
wenden und nicht nur an soziologisch gebildete Fachleute. Deshalb
empfiehlt er, selektiv zu lesen, am besten mit den Schlusskapitel
anzufangen. Es empfiehlt sich auch, einfach hinten im Namensverzeichnis
nachzuschauen, um dann zu erfahren, was die einzelnen dort genannten und
allgemein bekannten Persönlichkeiten mit der Thematik zu tun haben.
Letztlich kann man sich auch durch die vielen Kapitelüberschriften
anregen lassen. Es ist höchst interessant, anhand dieses wichtigen,
wissenschaftlich präzise belegten Textes nun fast 40 Jahre später zu
überprüfen, ob Schelsky recht hatte. Ihm das heute abzusprechen, dürfte
kaum möglich sein.
Montag, 28. September 2020
Klassenkampf und Priesterherrschaft der Intellektuellen |
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