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Es grenzt an Realitätsverweigerung, wenn heute ein deutscher Wirtschaftsprofessor Ronald Reagan als verkannten Visionär stilisiert. Die Wahrheit ist eine andere: Reagan war nicht das Opfer einer medialen Hetzjagd, sondern der Architekt einer systematischen Demontage des Sozialstaats, deren Folgen bis heute nachwirken. Seine Präsidentschaft markierte den Beginn einer Ära, die das Fundament für die größte soziale Ungleichheit seit der Großen Depression legte.
1. Das Trugbild der "Reaganomics": Mythen und bittere Realität
Bis heute halten sich hartnäckig die Märchen von den "Goldgräberzeiten" unter Reagan. Seine Anhänger fantasieren von "blühender Marktwirtschaft" und preisen seine angebliche Zurückhaltung in Wirtschaftsfragen. Die Realität sah anders aus:
Die sogenannten "Reaganomics" entpuppen sich bei nüchterner Betrachtung als ökonomisches Desaster epischen Ausmaßes. Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: In nur zwölf Jahren unter Reagan und Bush vervierfachte sich der Schuldenstand der USA auf atemberaubende 5,39 Billionen Dollar - und das trotz (oder wegen) massiver Steuersenkungen. Noch dramatischer: Während die USA 1980 noch einen Leistungsbilanzüberschuss von 2,3 Milliarden Dollar verzeichneten, hinterließ Reagan seinem Nachfolger 1988 ein klaffendes Defizit von 121,2 Milliarden Dollar. Diese Zahlen entlarven das wahre Gesicht der "Reaganomics":
- Eine durch Steuersenkungen für Reiche explodierte Staatsverschuldung - soviel zur "freien Marktwirtschaft"
Der Mythos der "Deregulierung": Während die Aufhebung der Preisbindung bei Öl gerne als Erfolgsgeschichte verkauft wird, verschweigen die Apologeten die verheerenden Folgen der Finanzmarktderegulierung, die direkt in die Savings-and-Loan-Krise führte
- Ein historischer Absturz der amerikanischen Handelsbilanz
- Systematische Zerschlagung gewerkschaftlicher Strukturen
- Dramatischer Einbruch der Reallöhne: Der Mindestlohn sank inflationsbereinigt zwischen 1981 und 1989 um 25%
- Explosion der Armut: Die Anzahl der Menschen unterhalb der Armutsgrenze stieg um 8 Millionen
- Systematische Aushöhlung sozialer Sicherungssysteme: Kürzungen von über 140 Milliarden Dollar in Sozialprogrammen
- Der PATCO-Streik 1981: 11.345 streikende Fluglotsen wurden entlassen - ein historischer Angriff auf die Gewerkschaftsbewegung
- Die Savings-and-Loan-Krise kostete die Steuerzahler über 160 Milliarden Dollar - eine direkte Folge der Deregulierung
Besonders perfide: Während das oberste 1% der Einkommensbezieher seine Einkommen um 50% steigern konnte, stagnierte oder sank das Einkommen für 80% der Amerikaner.
2. Außenpolitischer Größenwahn: Die blutige Bilanz
Die außenpolitische Bilanz der Reagan-Ära ist erschütternd:
Reagans außenpolitisches Vermächtnis ist eine Chronik der Destabilisierung. Seine Administration hinterließ eine Spur von Failed States und humanitären Katastrophen:
- Nicaragua: Die Contra-Rebellen erhielten über 100 Millionen Dollar an illegaler US-Unterstützung, während sie für den Tod von über 30.000 Zivilisten verantwortlich waren
- Grenada 1983: Eine völkerrechtswidrige Invasion gegen ein Land mit nur 110.000 Einwohnern
- Libanon 1983: 241 US-Marines starben bei einem Selbstmordanschlag - die direkte Folge einer fehlgeleiteten Interventionspolitik
- El Salvador: 1 Milliarde Dollar Militärhilfe für ein Regime, das für zahlreiche Massaker verantwortlich war
- Die Militärausgaben stiegen von 171 Milliarden (1981) auf 281 Milliarden Dollar (1988) - ein beispielloser "Friedens"-Rüstungswettlauf
Der "Iran-Contra-Skandal" zeigte die ganze Skrupellosigkeit: Illegale Waffenverkäufe an den Iran finanzierten den Terror in Nicaragua - ein verfassungswidriges Komplott auf höchster Ebene.
3. Die gesellschaftliche Vergiftung: Spaltung als Programm
Die soziale Bilanz der Reagan-Ära zeigt eine systematische Spaltung der amerikanischen Gesellschaft:
- Der "War on Drugs" führte zu einer Verfünffachung der Gefängnispopulation: Von 500.000 (1980) auf 2,5 Millionen (1990)
- Dramatischer Anstieg der Obdachlosigkeit: Allein in New York verdreifachte sich die Zahl der Obdachlosen
- Das zynische "Welfare Queen"-Narrativ rechtfertigte Kürzungen von über 27 Milliarden Dollar bei der Lebensmittelhilfe
- HIV/AIDS wurde jahrelang ignoriert: Erst nach 36.058 Toten hielt Reagan 1987 seine erste große Rede zur Epidemie
- Die Förderung der religiösen Rechten führte zu einer bis heute andauernden Polarisierung der Gesellschaft
Die transatlantische Allianz der Deregulierung: Von Reagan bis zur Agenda 2010
Was Reagan für die USA war, verkörperte Margaret Thatcher für Großbritannien - zusammen bildeten sie die "Achse des Neoliberalismus". Ihr Modell wurde zum globalen Exportschlager mit verheerenden Folgen:
- Koordinierte Deregulierung der Finanzmärkte: Der "Big Bang" in London 1986 und die Wall-Street-Deregulierung schufen ein globales Casino
- Synchronisierter Krieg gegen Gewerkschaften: Während Reagan die Fluglotsen zerschlug, brach Thatcher den Bergarbeiterstreik
- Privatisierungswelle auf beiden Seiten des Atlantiks: Von British Telecom bis zur US-Luftfahrt - öffentliche Güter wurden systematisch verscherbelt
- Ideologische Gleichschaltung: "There is no alternative" (Thatcher) wurde zum Mantra einer ganzen Epoche
Der deutsche Sündenfall: Agenda 2010 und die Kapitulation der Sozialdemokratie
Besonders bitter: Ausgerechnet die deutsche Sozialdemokratie unter Gerhard Schröder wurde zum willigen Vollstrecker des neoliberalen Programms:
- Die Agenda 2010 schuf Europas größten Niedriglohnsektor - ein "Erfolgsmodell", mit dem Schröder noch in Davos prahlte
- Hartz IV wurde zum Synonym für soziale Demütigung und erzwungene Armut
- Die Deregulierung der Finanzmärkte öffnete das Casino auch in Deutschland: Hedgefonds, Derivatehandel und Schattenbanken erhielten freie Hand
- Die Privatisierung öffentlicher Güter (von Wohnungen bis zur Bahn) schuf neue Profitcenter für Investoren
- Leiharbeit und prekäre Beschäftigung wurden zum "flexiblen" Normalfall
Die Folgen dieses neoliberalen Umbaus spüren wir bis heute:
- Eine gespaltene Gesellschaft mit wachsender Ungleichheit
- Ein ausgehöhlter Sozialstaat
- Ein deregulierter Finanzsektor, der die Realwirtschaft dominiert
- Eine chronisch unterfinanzierte öffentliche Infrastruktur
Fazit: Das toxische Erbe und seine Verharmlosung
Die nostalgische Verklärung der Reagan-Ära als "Goldgräberzeit" ist mehr als nur geschichtsvergessen - sie ist eine gefährliche Verharmlosung systematischen Staatsversagens. Die Reagan-Thatcher-Revolution hat nicht nur einzelne Länder, sondern ganze Gesellschaftsmodelle zerstört. Von der US-Gewerkschaftsbewegung bis zur deutschen Sozialdemokratie - überall hinterließ der Neoliberalismus eine Spur der sozialen Verwüstung.
Die dunklen Verstrickungen mit der organisierten Kriminalität, die systematische Geldwäsche und die Zusammenarbeit mit Drogenkartellen zeigen das wahre Gesicht dieser Ära. Die Reagan-Administration war bis in höchste Kreise mit illegalen Machenschaften verstrickt: Während öffentlich der "War on Drugs" ausgerufen wurde, arbeitete man heimlich mit Drogenkartellen zusammen. Während man "law and order" predigte, wurde die Finanzindustrie zum Paradies für Geldwäsche. Dass heute Wirtschaftsprofessoren wie Homburg ausgerechnet diese Zeit als Vorbild preisen und in Milei einen neuen Reagan sehen, ist mehr als nur naiv - es ist eine bewusste Verdrängung dieser kriminellen Realitäten. Wer Reagan als "Disruption" verkauft, verschweigt die systematische Korruption eines ganzen Regierungsapparat
Reagans Erbe ist nicht der Fall der Berliner Mauer – es ist der Aufstieg einer plutokratischen Elite, die Erosion demokratischer Institutionen und die Entstehung jener toxischen Ungleichheit, die heute demokratische Gesellschaften weltweit zu zerreißen droht.
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