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Donnerstag, 6. März 2025

Der Große Wirtschaftsrausch: Eine Satire

 

Protokoll aus dem Hinterzimmer der Ökonomischen Gesellschaft

Ort: Elitärer Wirtschaftsclub, irgendwo zwischen Elfenbeinturm und Realitätsverlust

Professor Dr. Dr. h.c. Maximilian von Geldwert (schwenkt sein Cognacglas): "Meine lieben Kollegen! Ich habe eine revolutionäre Entdeckung gemacht! Nach 30 Jahren Forschung kann ich mit Sicherheit sagen: Je weniger Menschen verdienen, desto mehr Arbeit gibt es!"

Begeistertes Klatschen im Raum

Dr. Sparmaß (besoffen von der Idee und vom Wein): "Brillant! Absolut brillant! Und logisch: Wenn wir alle für einen Euro arbeiten würden, hätten wir 500% Beschäftigung! Mathematisch unwiderlegbar!"

Frau Prof. Marktglaube (nickt enthusiastisch, während sie ihre Designer-Handtasche abstellt): "Ich habe das in meinem neuesten Paper bewiesen - mit wunderschönen Kurven, die wir so lange verbogen haben, bis das Ergebnis stimmte!"

Dr. Sparmaß: "Die Griechen sind unser Meisterstück! Haben Sie gesehen, wie schön die Löhne gesunken sind? Die Arbeitslosigkeit ist zwar explodiert, aber das MUSS an anderen Faktoren liegen. Unsere Theorie ist unfehlbar!"

Prof. von Geldwert (kippt sich noch einen Cognac ein): "Wissen Sie, was das Schönste ist? Die Menschen glauben uns das! Wir können buchstäblich behaupten, dass Verarmung zu Wohlstand führt, und sie nicken dazu!"

Junger Ökonom (zaghaft): "Aber... was ist mit der Nachfrage? Wenn niemand Geld hat, wer kauft dann die Produkte?"

Betretenes Schweigen, dann schallendes Gelächter

Prof. Marktglaube: "Hören Sie auf mit diesem keynesianischen Unfug! Die unsichtbare Hand des Marktes wird das regeln! Irgendwie! Wahrscheinlich! Vielleicht!"

Dr. Globalus (schnippt plötzlich mit den Fingern): "Ich hab's! Wir lassen in Entwicklungsländern produzieren - NOCH billiger! Dann überschwemmen wir unsere Niedriglohnmärkte mit Billigprodukten, damit die Leute das Gefühl haben, sie könnten sich noch was leisten!"

Prof. von Geldwert (begeistert): "Genial! Die Menschen können sich zwar kein Eigenheim mehr leisten, aber dafür fünf Billig-T-Shirts für den Preis von einem!"

Dr. Globalus (selbstzufrieden): "Und wenn die Entwicklungsländer irgendwann höhere Löhne fordern, ziehen wir einfach weiter! Wir sind doch nicht blöd!"

Junger Ökonom (verwirrt): "Aber irgendwann gibt es keine billigeren Länder mehr..."

Alle ignorieren ihn und prosten sich zu

Prof. von Geldwert (hebt sein Glas): "Auf die niedrigen Löhne! Mögen sie immer niedriger werden, während unsere Beraterhonorare steigen!"

Alle heben die Gläser, außer dem jungen Ökonomen, der verwirrt im Modelldiagramm nach der verschwundenen Nachfrage sucht

Prof. von Geldwert (leiser): "Übrigens, bevor ich's vergesse - meine neue Yacht kommt nächste Woche. Finanziert durch meine Studie 'Warum Verzicht für Arbeitnehmer gut ist'. Der Wirtschaftsminister war begeistert!"

Dr. Sparmaß (schwankend): "Geniaaaal... einfach genial! Wissen Sie, manchmal frage ich mich, ob wir nicht alle komplett betrunken sind von unseren eigenen Theorien..."

Industrieller Ehrengast (mischt sich ein): "Und das Beste ist doch: Wir verkaufen den Menschen, dass Unternehmer nur antreten, um Arbeitsplätze zu schaffen! Als hätte sich jemals jemand selbständig gemacht, um anderen Arbeit zu geben!"

Schallendes Gelächter

Prof. von Geldwert: "Brillant! Während in Wahrheit jeder nur unternehmerisch tätig wird, um dem Arbeitsmarkt zu entkommen und mehr zu verdienen! Aber wir nennen es 'Schaffung von Arbeitsplätzen', klingt sozialer!"

Industrieller: "Arbeit ist für mich nur Mittel zum Zweck. Ich würde sofort jeden Mitarbeiter durch eine Maschine ersetzen, wenn es billiger wäre. Aber sagen Sie das bloß nicht den Wählern!"

Prof. Marktglaube: "Unsinn! Noch einen Drink? Die Rechnung geht natürlich an den Steuerzahler!"

Draußen vor dem Fenster stehen Menschen Schlange bei der Tafel, während drinnen auf die Magie des Marktes angestoßen wird.

Nachtrag aus der Redaktion:

Jede Ähnlichkeit mit realen wirtschaftswissenschaftlichen Diskursen ist nicht zufällig, sondern tragischerweise wahr.



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