Frau Kenawi hat ein sehr gutes Buch über die Geschichte des Geldes
geschrieben. Jedoch gibt es Auslassungen und Ungenauigkeiten zur
Schwundgeld-Thematik. Tatsächlich gab es die Brakteaten nur im heiligen
römischen Reich Deutscher Nation. SCHWUNDGELDER jedoch in ganz Europa
und auch in Norditalien.
In der Zeit von 1150 bis 1450 gab es in
Mitteleuropa eine krisenfreie Zeit, welche durch eine geniale zinsfreie
Währung erreicht wurde: Um 1150 begann Erzbischof Wichmann (1110-1192)
aus Magdeburg damit, Münzen herauszugeben, welche zweimal im Jahr zum
Umtausch aufgerufen wurden. Ziel war es, die Steuern einfach und
regelmäßig einzutreiben. Dabei wurden 12 alte Pfennige gegen 9 neue
ausgetauscht, die Differenz war Steuer. Anders als heute, mußte damals
gerade das Kapital Abgaben entrichten, während die Arbeit davon befreit
war. Um die Münzen schnell und ohne viel Aufwand wieder einschmelzen und
umprägen zu können, waren sie nur einseitig geprägt und aus dünnem
Blech, daher ihr Name " Brakteaten" (bractes = dünnes Blech). Bald schon
breitete sich diese Methode über das ganze Land aus.
Das führte
dazu, daß sich Geldhortung nicht mehr lohnte. Um dem nächsten Umtausch
zu entgehen, wurde Geld zinslos weiterverliehen, da nur der Besitzer der
Münzen die Umtauschgebühr zahlen mußte. Damit war Geld wieder reines
Tauschmittel, nicht mehr Wertaufbewahrungsmittel, das nur durch
Zinsangebote wieder in den Wirtschaftskreislauf gelockt werden konnte.
Das Ergebnis war die größte Entwicklungsperiode der deutschen
Geschichte. Damals waren die sozialenUnterschiede so ausgeglichen wie
nachher nie mehr im historischen Verlauf. Wer viel hatte, erwarb den
Wohlstand durch Arbeit, nicht durch leistungslose Zinsen. Das Minimum
der arbeitsfreien Tage pro Jahr lag bei 90, oftmals über 150.
Sehr bald wurde auch der arbeitsfreie Montag eingeführt. Damit mussten
die Handwerker nur vier Tage in der Woche arbeiten. Noch am Ausgang
dieses Zeitalters, um 1450, konnte Erzbischof Antonin von Florenz es als
selbstverständlich bezeichnen, dass für die Gewinnung des notwendigen
Lebensunterhaltes eine kurze Arbeitszeit genüge und dass nur derjenige
lange und viel arbeiten müsse, der nach Reichtum und Überfluss strebe.
Die tägliche Arbeitszeit war z.B. bei Bergwerksknappen in Freiburg auf
sechs Stunden begrenzt. Auch auf dem Land wurde die Ausbeutung
zurückgedrängt, weil der geknechtete Bauer die Möglichkeit hatte, in den
schnell wachsenden Städten einem Handwerk nachzugehen. Das Einkommen
war so hoch, daß sich etwa in Augsburg ein Tagelöhner mit seinem
täglichen Verdienst fünf bis sechs Pfund des teuersten Fleisches leisten
konnte.
In Meißen mussten jedem Maurergesellen wöchentlich fünf
Groschen Badegeld gegeben werden, in einer Zeit, in der ein einziger
Scheffel Korn sechs Groschen und fünf Pfennige kostete. Der sächsische
Scheffel faßte 103,8l. Wie gewaltig dieser wirtschaftliche Aufschwung
gewesen sein muss, zeigt die Entwicklung der Städte in Deutschland.
Städteneugründungen in der Geschichte:
Um 1300 wurde ein Höhepunkt der Städteneugründungen als Maß für die
wirtschaftliche Entwicklung erreicht, welcher in der ganzen Geschichte
vor und nach dieser Zeit nie mehr geschah. In der Zeit von 1150-1450
wurden die großen Dome und Kathedralen in Europa gebaut - Finanziert
durch freiwillige Spenden der Bürger. Allein schon hieraus wird
deutlich, wie zuversichtlich die Menschen damals gewesen sein müssen.
Wer spendet schon für ein Jahrhundertprojekt, wenn er nicht weiß, ob er
am nächsten Tag noch leben wird?
Die Situation änderte sich, als
auf Druck von machtsüchtigen Kaufleuten hin, schrittweise Geld
eingeführt wurde, welches nicht mehr verrufen wurde. Das Augsburg der
Fugger gehörte mit zu den ersten Plätzen, an denen die Münzverrufung um
vier Jahre hinausgeschoben wurde. Nach vollständiger Einführung des
Dickpfennigs (beidseitig geprägtes schweres Geld) konnten die Fugger
sich zwischen 1480 und 1560 zu einer der mächtigsten Familien der
damaligen Welt aufschwingen. Geld wurde dann nur noch hochverzinst
verliehen. Beispielsweise brachte eine Anlage von 900 Gulden nach sechs
Jahren 30.000 Gulden Zinsertrag.
Bei den dem Bauern auferlegten
Geldabgaben musste er im Falle von Säumigkeit Zinsen zahlen, und zwar
nach dem sogenannten "Rutscherzins" für jeden Tag des Verzuges den
verdoppelten Zinssatz. Mit der schrittweisen Einführung des " Ewigen
Pfennigs" verschob sich damit die Vermögensverteilung innerhalb weniger
Jahrzehnte so drastisch, dass die gotischen Bauten aus Geldmangel in
ganz Mitteleuropa nicht mehr fertiggestellt werden konnten. Überall in
Europa wurden die Dome mehr als 300 Jahre lang nicht weitergebaut und
erst im letzten Jahrhundert vollendet. Die wirtschaftliche Situation der
Bevölkerung verschlechterte sich so stark, dass es Anfang des 16.
Jahrhunderts zu blutigen Bauernkriegen kam.
Die Zünfte waren
nicht mehr für jeden frei, den meisten war der Weg in die
Selbständigkeit versperrt, es entstand eine neue Schicht der abhängigen
Lohnarbeiter. Gleichzeitig wurden neue Entdeckungen und Erfindungen
unterdrückt. So verbot die Zunft beispielsweise den Vorläufer des
mechanischen Webstuhls im Jahr 1586 und ermordete deren Erfinder. Da
sich die Menschen die schnelle wirtschaftliche Verschlechterung nicht
erklären konnten, kam es zu Hexenverbrennungen, die ab 1484 zunehmend
veranstaltet wurden. Das finstere Mittelalter zog herauf und hält im
Prinzip bis heute an.
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