Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar - das gilt uneingeschränkt, und zwar auch für Bezieher des Bürgergelds. Aber dann kommt da dieser Boris von Morgenstern daher, seines Zeichens YouTube-Star mit 140.000 Abonnenten, ein vermeintlich investigativer Journalist, und was macht er? Er haut einen dieser typisch neoliberalen Sprüche raus: "Woher kommt dein Geld wenn niemand mehr arbeiten geht?"
Da frage ich mich doch: Woher kommt eigentlich das Geld derer, die noch nie einen Finger krumm gemacht haben? Die Millionen scheffeln durch leistungsloses Einkommen? Die sich die Taschen vollstopfen durch Spekulationen, während andere am Fließband schuften?
Schauen wir mal in die Geschichte: 1970 hatten wir 100.000 Arbeitslose in Deutschland. Klar, Herr von Morgenstern, die Siebziger Jahre haben Sie nicht mehr miterlebt - aber als investigativer Journalist sollte man doch wenigstens wissen, dass das Sozialsystem damals geradezu fürstlich war im Vergleich zu heute. Oder überfordert Sie diese zeitliche Dimension bereits? Dabei müsste doch gerade ein Recherche-Experte wie Sie... ach, lassen wir das. Heute jedenfalls haben wir Millionen Arbeitslose! Und warum? Weil die Menschen plötzlich alle arbeitsscheu geworden sind? Lächerlich! Die Automatisierung frisst Arbeitsplätze, die Globalisierung macht Arbeit grenzenlos verfügbar, die künstliche Intelligenz verdrängt den Menschen. Aber klar, der Herr von Morgenstern drescht lieber auf die Arbeitslosen ein.
Wissen Sie, Herr von Morgenstern, während Sie da über Arbeitslose schwadronieren, überweist die deutsche Bevölkerung über ihre Konsumausgaben jährlich schlappe 700 Milliarden Euro an diese international agierende Bruderschaft des Bankenkartells. Verstehen Sie überhaupt, wie diese astronomische Summe zustande kommt? Jeder Euro in unserem System ist ein Kredit-Euro - es gibt kein Geld 'netto'. Und in der gesamten Produktionskette bis zum Endprodukt fallen sage und schreibe 35% Zinsen an, die im Endprodukt eingepreist werden. Das heißt: Von jedem Euro, den wir ausgeben, fließen 35 Cent direkt in die Taschen dieser Bruderschaft des privatisierten Geldsystems! Bei deutschen Konsumausgaben von etwa 2 Billionen Euro jährlich macht das eben diese 700 Milliarden. Mit dieser Summe könnten wir nicht nur die aktuellen Arbeitslosen finanzieren - nein, wir könnten uns mehr Arbeitslose leisten als Deutschland überhaupt Einwohner hat! Das Zwölffache dessen, was die gesamte Arbeitslosigkeit heute kostet. DAS ist der eigentliche Skandal!
Aber haben Sie sich als investigativer Journalist eigentlich mal gefragt, was dieses perverse System mit den Menschen macht? Wie es Charaktere formt, die für Profit über Leichen gehen - im wahrsten Sinne des Wortes? Diese Zusammenhänge sind wohl zu komplex für Ihre YouTube-Recherchen, oder? Als selbsternannter Journalist müssten Sie doch eigentlich wissen, dass Ihr platter Einwurf nicht nur Unsinn ist, sondern schlichtweg Bauernfängerei der untersten Schublade. Aber vielleicht ist es ja einfacher, auf Arbeitslose einzudreschen, als sich mit den grundlegenden Mechanismen dieser international agierenden Kartell-Maschinerie zu beschäftigen?
Und dann diese ganze Eigentumsgeschichte: Man kann nicht einfach in den Wald gehen und sich ein Reh schießen, kann nicht einfach irgendwo eine Hütte bauen, kann nicht mal ohne Genehmigung angeln. Alles gehört irgendwem, alles ist reglementiert, alles ist privatisiert. Die wirtschaftliche Macht hat sich den ganzen Erdball aufgekauft.
Nun ja, Einstein hatte wohl recht: Intelligenz ist begrenzt, Dummheit ist grenzenlos. Und dieser Boris von Morgenstern - anfangs erschien er wie ein Lichtblick am Horizont der Aufklärungsszene. Gute Recherchen, durchdachte Analysen, brillanter Humor. Aber wie so viele vor ihm enttäuscht auch er. Irgendwann kommt eben dieser Tag, an dem sich die wahre Gesinnung zeigt. Und dann stellt sich heraus: Es ist wieder nur einer dieser neoliberalen Prediger, die ihre Reagan-Thatcher-Ideologie unter dem Deckmantel des investigativen Journalismus verbreiten.
Was leistet eigentlich so ein YouTube-Star für die Gesellschaft? Im Sinne echter Bedürfnisbefriedigung? Klar, Journalismus ist wichtig. Aber ein paar Jahre ohne diesen Mainstream-Journalismus würden uns vermutlich ganz gut tun. Die echten Perlen in der Aufklärungsszene werden ohnehin immer seltener.
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