Dienstag, 13. April 2021

Ex-Richterbund-Chef: Willkürstaat droht

Nur auf die Inzidenz abzustellen ist bei derartig drastischen Maßnahmen willkürlich, weil die reine Inzidenz davon abhängt wie viel getestet wird. Dies ist manipulierbar."

Das Bundeskabinett hat die Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Damit müssen sich die Menschen in weiten Teilen Deutschlands auf Ausgangsbeschränkungen und geschlossene Läden nach bundesweit verbindlichen Vorgaben einstellen.

Ab einer Infektionsrate von 100 Fällen pro 100 000 Einwohnern binnen einer Woche müssen Landkreise oder kreisfreie Städte unter anderem eine nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 05 Uhr am nächsten Morgen verhängen.

Die bundesweite Regelung soll eine einheitliche Umsetzung von Corona-Schutzmaßnahmen sicherstellen. Bisher wurden solche Maßnahmen per Verordnung von jedem Bundesland zum Teil unterschiedlich umgesetzt.

Willkürstaat

Beachtenswerter Beitrag des ehemaligen Vorsitzenden des deutschen Richterbundes Jens Gnisa.

Der Jurist schreibt auf seiner Facebook-Seite:
 
„Man sieht mich selten fassungslos. Aber nun ist es so weit. Der Bund schießt deutlich über alle Verhältnismäßigkeitsgrenzen hinaus.
 
Nur auf die Inzidenz abzustellen ist bei derartig drastischen Maßnahmen willkürlich, weil die reine Inzidenz davon abhängt wie viel getestet wird. Dies ist manipulierbar.
 
Ab einer Inzidenz von 100 nächtliche Ausgangssperren zu verhängen, obwohl von Gerichten deren Wirksamkeit angezweifelt wurde, ist eine Nichtachtung der Justiz. Eltern ab einer Inzidenz von 100 zu verbieten ihre Kinder zu treffen entspricht für mich auch nicht dem Bild des Grundgesetzes.
 
Das ist auch nicht der Brückenlockdown von 2 oder 3 Wochen der diskutiert wird, sondern ein nicht mehr einzufangender Dauerlockdown.
 
Ich möchte daher alle bitten: schreiben Sie Ihrem Bundestagsabgeordneten und appellieren Sie an ihn, diesem Gesetz in dieser Form nicht zuzustimmen! Nur auf die Inzidenz abzustellen ist untauglich.“
 
In einem weiteren Posting ergänzt er: „Die vielen Kommentare, für die ich danke, veranlassen mich heute zu folgender Ergänzung:
Ich bin nicht gegen einen Lockdown als solches, soweit er bei einem Infektionsgeschehen erforderlich ist. Dieses Gesetz führt aber zu einem kaum noch steuerbaren Dauerzustand. Unsere Gesellschaft wird gewissermaßen auf Autopilot gestellt.
 
Kein Bürgermeister, kein Landrat, kein Ministerpräsident, kein Landtag nicht einmal ein Verwaltungsgericht kann mehr korrigierend eingreifen. Wenn das nicht gewollt ist könnte man dieses Gesetz zumindest auf 2 oder 3 Monate befristen.“
 

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