Anthony C. Suttons Werk "Roosevelt und die internationale Hochfinanz" enthüllt im fünften Kapitel "Wie die Gesellschaft veranlasst wird, für wenige zu arbeiten" die Mechanismen des "korporativen Sozialismus". Obwohl Sutton sich auf die USA fokussiert, offenbaren sich erschreckende Parallelen zur Entwicklung in Deutschland.
Sutton entlarvt ein System, in dem eine kleine Elite von Finanz- und Industriemagnaten die Wirtschaftspolitik schamlos zu ihren Gunsten manipuliert. Er deckt auf, wie Regierungsregulierungen gezielt große Unternehmen bevorzugen und kleinere Wettbewerber systematisch benachteiligen. Diese Kontrollmechanismen – Kartellbildung, Preisabsprachen, Marktmanipulation – haben sich auch in Deutschland fest etabliert, wo Großkonzerne zunehmend die Wirtschaft dominieren und aushöhlen.
Die von Sutton analysierte Rolle der Propaganda und Meinungsmanipulation zeigt sich in Deutschland mit erschreckender Deutlichkeit. Medien und Bildungsinstitutionen werden skrupellos instrumentalisiert, um öffentliche Unterstützung für ein System zu erzwingen, das letztlich nur einer kleinen Elite dient. In Deutschland manifestiert sich dies in einer aggressiven Hetzkampagne gegen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger.
Die Parallelen zum von Sutton beschriebenen System sind nicht nur frappierend, sie sind alarmierend: Arbeitslose werden nicht nur als "Parasiten" diffamiert, sondern regelrecht entmenschlicht, indem man sie als willenlose Schmarotzer in der "sozialen Hängematte" darstellt. Die Rhetorik erreicht ihren Gipfel in der verachtenswerten Darstellung von "Sozialhilfe-Müttern". Politiker gehen so weit zu behaupten, diese Frauen seien unfähig zur selbstbestimmten Verhütung und würden die Unterstützungsgelder "lieber in den nächsten Schnapsladen tragen". Diese menschenverachtende Sprache ist kein Zufall, sondern eine bewusste Strategie zur Spaltung der Gesellschaft, wie Sutton sie beschreibt.
Im krassen Gegensatz zum US-System bietet das deutsche Sozialsystem noch ein umfassenderes Sicherheitsnetz. Während in den USA Sozialleistungen oft nach fünf Jahren brutal gekappt werden, was zu massenhafter Obdachlosigkeit und überfüllten Suppenküchen führt, gewährt das deutsche System zumindest eine zeitlich unbegrenzte Grundsicherung. Doch selbst dieses Minimum, das kaum zum Überleben reicht, ist libertären Hardlinern wie Markus Krall ein Dorn im Auge. Ihre gnadenlosen Angriffe auf das Sozialsystem folgen exakt dem von Sutton beschriebenen Muster: Die Schuld für wirtschaftliches Versagen wird zynisch auf die Schwächsten der Gesellschaft abgewälzt.
Der Marshallplan und die Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erscheinen in diesem Licht als trojanisches Pferd. Was als Modell für soziale Gerechtigkeit verkauft wurde, entpuppt sich zunehmend als Vehikel des von Sutton beschriebenen korporativen Sozialismus. Die ursprünglichen Ideale werden systematisch ausgehöhlt, während sich die Macht in den Händen weniger konzentriert.
Die wachsende Ungleichheit in Deutschland, die schleichende Demontage des Sozialstaats und die zunehmende Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse sind direkte Spiegelungen der von Sutton für die USA beschriebenen Entwicklungen. Auch in Deutschland erleben wir eine aggressive Aushöhlung sozialer Errungenschaften, oft unter dem fadenscheinigen Deckmantel der "Wettbewerbsfähigkeit" oder "Haushaltskonsolidierung".
Libertäre Ideologien, propagiert von Figuren wie Markus Krall, gewinnen bedrohlich an Boden. Ihre Argumente für einen ausgehöhlten Staat und gegen soziale Sicherungssysteme sind nichts anderes als eine Neuauflage der von Sutton entlarvten Rechtfertigungen für den korporativen Sozialismus. Beide Ansätze zielen darauf ab, die Interessen einer kleinen Elite über das Gemeinwohl zu stellen, koste es, was es wolle.
Suttons Analyse liefert einen unverzichtbaren Rahmen, um die aktuellen Entwicklungen in Deutschland schonungslos zu hinterfragen. Die wachsende Kluft zwischen dem Versprechen sozialer Marktwirtschaft und der brutalen Realität zunehmender Ungleichheit und sozialer Verwerfungen schreit förmlich nach Wachsamkeit und der Entwicklung echter Alternativen, die dem Gemeinwohl dienen.
Die Erkenntnis, dass der "korporative Sozialismus" in Deutschland ebenso wie in den USA Fuß gefasst hat, muss als Alarmruf verstanden werden. Es ist höchste Zeit, die ursprünglichen Ideale sozialer Gerechtigkeit wiederzubeleben und ein System zu schaffen, das tatsächlich allen Mitgliedern der Gesellschaft dient, nicht nur einer privilegierten Minderheit. Der Kampf gegen diese Form des Raubkapitalismus ist nichts weniger als ein Kampf um die Zukunft unserer Gesellschaft.
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